Leverage – The Star Energy Job

 

Leverage-Fernsehserie: Die Crew

The rich and powerful take what they want. We steal it back for you. Sometimes bad guys make the best good guys. We provide … Leverage. – Marc Donaldson ist ein solcher reicher und mächtiger Mann. Und ein Visionär. Und er vernichtet die Existenzen guter, anständiger Leute ohne mit der Wimper zu zucken. Zeit den Hebel anzusetzen…

The Star Energy Job

Dies ist ein Szenario für das Leverage RPG, das Rollenspiel zur Fernsehserie Leverage, welches bei Margaret-Weis-Publications erschienen ist und auf dem Cortex-Plus-Regelsystem aufsetzt.

Dieses Szenario ist für eine Gruppe von neu erstellten Leverage-Charakteren gedacht. Idealerweise sind alle fünf Rollen – Grifter, Hacker, Hitter, Mastermind und Thief – besetzt. Daher ist es für fünf Spieler ausgelegt. Weniger Spielercharaktere bieten weniger unterschiedliche Möglichkeiten die Probleme dieses Szenarios anzugehen, sind aber kein Hindernis, sondern nur eine Steigerung der Herausforderung für die Crew. Das Szenario ist zudem kein einfach im Sinne der Klientin zu lösendes. Daher ist es als Einstieg ins Leverage-Rollenspiel für Spieler, die die Serie nicht kennen bzw. wenige Erfahrungen im Aufziehen von Trickbetrügereien und Gaunereien haben, nur bedingt geeignet.

Im Folgenden wird der im Leverage RPG vorgeschlagene Szenario-Einstieg über Klient, Problem, Zielperson verfolgt.

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Deadlands: Hell on Earth auf Deutsch!

Deadlands: Der unheimliche Westen, das Western-Horror-Steampunk-Rollenspiel von Uhrwerk/Spielzeit! angesiedelt im Weird West, dem unheimlichen Westen, kennen viele. Diese beliebte Genre-Mischung bietet ein Action-betontes Spiel mit vielen cinematischen Elementen im Stile der Italo-Western kombiniert mit Grusel-Geschichten, Untoten, Horror unterschiedlicher Prägung, sowie der wohl durchgeknalltesten Dampftechnik diesseits und jenseits des Pecos. – Aber Deadlands: Der unheimliche Westen ist als Produktreihe nicht allein!

Drei Settings

Nicht ganz so viele, denen Deadlands ein Begriff ist, wissen, daß es eigentlich DREI Deadlands-Settings gibt:

  • Deadlands: The Weird West (der unheimliche Westen)
  • Deadlands: Hell on Earth (der verstrahlte Westen)
  • Deadlands: Lost Colony (der weit entfernte Westen)

Hier mal ein Blick auf die einprägsame Farbgebung der drei Produktreihen zu den drei Deadlands-Settings:

 

Titelbild - Deadlands: Lost Colony

 

Zwei Zeitlinien, zwei Parallel(spiel)welten

Noch weniger dürften wissen, daß es ZWEI Zeitlinien/Parallelwelten im Deadlands-Setting gibt:

  • Deadlands: Der unheimliche Westen – beginnt im Jahre 1875, hier können die SCs noch den Abrechnern ihre fiesen Pläne die Welt zu „Terrorformen“ stören und dem Guten zum Siege verhelfen.
  • Deadlands: Hölle auf Erden und Deadlands: Verlorene Kolonie – diese spielen in derselben Zeitlinie des Jahres 2093, 13 Jahre nach dem Letzten (Nuklearen!) Krieg, in welcher es den Helden des unheimlichen Westens NICHT gelungen ist, die Terrorforming-Pläne der Abrechner zu vereiteln, sondern wo diese Pläne außerordentlich üble Früchte getragen haben; bis zum Tag, an dem auf unserem Heimatplaneten die HÖLLE AUF ERDEN ausbrach und die einzige menschliche Kolonie im Weltall von allem Kontakt zur Heimatwelt abgeschnitten wurde, eine VERLORENE KOLONIE wurde. Nun kämpfen die verbliebenen Erdenbewohner bzw. die Kolonisten und die Aliens des Kolonialplaneten Banshee ums Überleben und gegen die Fleisch gewordenen Abrechner, das absolut Böse!

Zwischen diese beiden Zeitlinien gibt es einige (wenige) Möglichkeiten des Überwechselns. Diese sind insbesondere in den EPISCHEN Abenteuern der Trilogie „Devils Tower“ (Unheimlicher Westen und Hölle auf Erden) und des „Unity“-Abenteuers (Hölle auf Erden und Verlorene Kolonie) geboten.

Mehr Power!

Manch einem Rollenspieler ist die Western-Atmosphäre im Jahre 1876 des unheimlichen Westens zu bieder, die Waffen und Geräte der verrückten Wissenschaft zu „normal“ und die Konflikte zu „low powered“. – Diesen Rollenspielern bietet Deadlands: Hölle auf Erden eine echte ABHILFE:

MEHR Power! MEHR Sci-Fi-Ausrüstung! MEHR Mutationen! MEHR Gigakillmonster!

Das „Macht-Niveau“ der SCs im Jahre 2093 der Hölle auf Erden ist deutlich höher als im guten, alten, harmlosen Westen.

Wenn ein Unheilsprediger einen „Atomschlag“ als „Wunder“ wirkt, dann ist der meilenweit sichtbare Atompilz dieser Explosion nur ein Zeichen für die Machtentfaltung vieler Charakter-Typen in Deadlands: Hölle auf Erden. Psychos, militärische Psioniker-Spezialeinheiten, können mittels ihrer Gedanken Schwebepanzer zerschmelzen und ganzen Menschenmengen die Schädel platzen lassen. Schrotter basteln aus dem Abfall und den Resten der zerbombten Zivilisation irre Apparate, die selbst einem der alten Verrückten Wissenschaftler als völlig unmöglich und nicht in diese Realität passend vorgekommen wären. Templer gehen mit einem Schwert mitten in Schießereien von Motorrad-Banden – und GEWINNEN!  Und sogar „harmlose“ Erzähler, Reisende, die den Überlebenden Trost durch aufbauende Geschichten spenden, sind harte Überlebenskünstler und keine leichte Beute für egal wen. (Der Spielfilm „The Book of Eli“ ist z.B. eine geradezu perfekte Umsetzung eines solchen Charakters – und solche Bibliothekare wie im Film hat auch der verstrahlte Westen zu bieten!)

Ich kenne viele Deadlands-Fans, die von den offener ausgetragenen und auch viel gefährlicheren Konflikten in Deadlands: Hölle auf Erden wesentlich begeisterter sind, als von den doch immer noch mit einem guten Schuß „normalem“ Western versehenen Abenteuern im unheimlichen Westen.

Bereite Ihnen die HÖLLE AUF ERDEN!

Für mich war es daher ein echter GLÜCKSFALL, daß Uhrwerk/Spielzeit! sich dieses Jahr zu einer deutschen Ausgabe von Deadlands: Hell on Earth entschlossen haben. Der Zeithorizont ist der, daß zur Spiel 2011 in Essen der erste Band dieser Produktreihe erscheinen soll.

Deadlands: Hölle auf Erden (HaE) ermöglicht mit dem ersten Band, dem HaE-Grundregelwerk, den deutschen Deadlands-Fans im klassisch-„giftgrünen“ Einband der Hölle-auf-Erden-Bände einen Einstieg in die „Mutantenklasse“ des Deadlands-Settings.

Dieses Grundregelwerk setzt KEINERLEI Kenntnisse der Deadlands-Western-Regeln (im orange-farbenen Einband) voraus!

Es bietet ein vollständiges und gegenüber den alten Western-Regeln aktualisiertes und um moderne Ausrüstung und die für deren Umsetzung nötigen Regeln erweitertes, aktualisiertes Deadlands-Classic-Regelwerk. Wer seinen Spielern nur die Hölle auf Erden verpassen will, kommt allein mit diesem Buch bereits auf seine gewünschte Rate an verstrahlten, verätzten, gefressenen, desintegrierten Spielercharakteren.

Im HaE-Grundbuch sind neben einer Settingeinführung, Charaktererschaffung, viel neuer, technisch fortschrittlicher Ausrüstung auch die Folgen der nuklearen Verseuchung der Erde durch verstrahlte Geisterstein-Bomben (die G-Bomben) wie Mutationen, seltsame „Wundermächte“ der Unheilsprediger, die sie nach Absorbieren von harter Gammastrahlung ausführen können, usw. enthalten. – Wie üblich in einen offenen Spielerteil und das bekannte „Niemandsland“ für die besonderen Regeln der „etwas anderen“ Charakter-Typen gegliedert.

Für den Spielleiter, den Marshal, gibt es Die Wahrheit ™. Hier werden viele (fast alle, aber nur fast ;)) der Geheimnisse des unheimlichen Westens offen auf den Tisch gelegt. Tobt erst einmal die Hölle auf Erden, sind auf der Erde echte Deadlands entstanden, also Zonen, in denen die Ewigen Jagdgründe unaussprechlichen Übeln den direkten Zutritt zur Welt der Menschen erlauben, dann sind die alten Geheimnisse des 19. Jahrhunderts nur noch so bedeutsam wie jede andere Seite eines Geschichtsbuchs. Sie sind mitsamt der ganzen Metropolen durch G-Bomben in Schutt, Asche gelegt und von auch nach 13 Jahren immer noch tobenden Strahlungsstürmen umgeben. – Heute, im Jahre 2093, hat die Welt andere Probleme. GRÖSSERE Probleme!

Dicke Dinger!

Waren im unheimlichen Westen die Abrechner noch auf subtiles Wirken durch Mittelsmänner, die Servitoren, die Diener der Abrechner, angewiesen, so ist die endgültige Vernichtung der Erde nun zu ihrer „Chefsache“ geworden – und sie sind gerade mittendrin aus der Erde eine zweite Hölle zu machen. Das heißt nicht, daß sie nicht auf willige Diener verzichten müßten – im Gegenteil! Nun gibt es NOCH VIEL MEHR vom Kaliber der vier Größten Bösewichter des unheimlichen Westens! Und jeder ist auf seine Art einzigartig und wirklich schwer auszuschalten! Es gibt viel zu tun!

Kleinvieh schießt auch zurück!

Neben den Großen Bösen, sind noch jede Menge „lokaler Berühmtheiten“ an eher mundanen Übeltätern im verstrahlten Westen unterwegs. Motorradbanden, Mutantenhorden, Wandelnde Tote in Hülle und Fülle, uralte Verdammte, die teilweise noch aus der Zeit des alten Westens kamen und über 100 oder 100 Jahre im Dreck gelegen sind, Kultisten, Verbrecher, Monster und jede Menge „normaler Arschlöcher“, welche die Menschheit stets im Überfluß hervorzubringen scheint, machen den wenigen Überlebenden der massiven Zerstörungen das weitere Leben schwer. Und genau da kommen – oft genug – die Spielercharaktere hinzu.

Inspiration für den verstrahlten Westen

Den alten Westen kennt man aus den vielen, vielen Filmen und Serien zur Genüge. Da ist es auch für die Variante des unheimlichen Westens nicht schwierig sich die Region und deren Bewohner vorzustellen. Beim verstrahlten Westen ist das etwas schwieriger. Aber es gibt gute Inspirationsquellen.

Die Inspirationsquellen für Deadlands: Hölle auf Erden sind vielfältig. Filme wie – natürlich! – Mad Max, die Cyborg-Reihe, die Klapperschlange, The Book of Eli, oder (im Great Maze) Waterworld usw. standen Pate. Aber auch TV-Serien wie Jeremiah. Und natürlich Computerspiele wie Wastelands und Fallout sind hier zu nennen. (Meine persönliche Empfehlung für Freunde des Western-Films: Der Klassiker „Stagecoach“ wurde ja vielfach verfilmt. Mit „Neon City“ gibt es auch eine adäquate Endzeit-Western-Umsetzung, die den Klassiker-Stoff erkennbar übernimmt, aber dennoch voll ins Endzeit-Setting paßt.)

Ist das etwa schon wieder so ein graues Depri-Setting?

NEIN! – Die „Endzeit“, die im verstrahlten Westen bei Spielbeginn bereits seit 13 Jahren tobt, ist aber KEINE „Depri-Endzeit“, keine Zeit der Hoffnungslosigkeit und des steten Tränenstroms der Protagonisten! – Wenn einen einer Horde Wurmlinge mit ihren Säuretentakeln zu fressen versucht, dann hat man KEINE ZEIT für Gejammer, sondern rammt den Wurmfressen die abgesägte Schrotspritze in die Visage und betätigt den Abzug, bis man den Sonnenuntergang durch deren Schädel sehen kann.

Die Überlebenden, also die „Normal-Bürger“ des verstrahlten Westens, sind eh schon eine harte Bande. Sie sind die Glücklichen, denen der Zufall, das Schicksal, welche Götter auch immer hold waren, als die G-Bomben fielen. Sie sind die Harten, die sich die letzten 13 Jahre gegen eine immer feindlichere Umgebung durchgesetzt haben und ihr Stück normales Leben gegen alle Parasiten, Räuber, Mörder verteidigt haben.

Und die SCs sind noch härter als diese „Normalos“. – Die SCs sind aus dem grünlich glühenden Zeug geschnitzt, aus dem man HELDEN (und Brennstäbe!) schnitzt. – Sie sind die Helden der Apokalypse! Die wenigen Kompetenten, die den unaussprechlichen Schrecken der Abrechner den notwendigen groben Keil auf ihren groben Klotz verpassen können – manchmal mittels Bordgeschützen eines Schwebepanzers!

Wie bei allen Deadlands-Spielinkarnationen wird auch hier davon ausgegangen, daß die SCs die GUTEN sein wollen bzw. sollen. Wer den „Outlaw Trail reiten“ möchte kann aber in HaE, anders als im unheimlichen Westen, eher damit durchkommen, weil sowieso vieles den Bach runtergegangen ist – unter anderem auch Recht und Gesetz!

Ich mag es ja überhaupt nicht, wenn Deadlands-Spieler meinen unbedingt menschenverachtende, meuchelnde, metzelnde, Massaker anrichtende Evil Guys spielen zu müssen. – Die Deadlands-Kauf-Abenteuer und auch alle selbstgestrickten von mir gehen davon aus, daß die Spieler mittels ihrer SC den Abrechnern WIDERSTAND leisten (und nicht ihnen noch unter die Arme greifen!).

Die Rolle der SCs in der Spielwelt von HaE ist die von HELDEN. Helden, die sich wider die Abrechner und ihr Dienergezücht, wider Plünderer und Aasgeier unter den Überlebenden, wider unmenschliche, automatisierte, robotisierte Marodeure und wider gehirnwaschende Machtgruppierungen stellen. – HELDEN, die der Spielwelt in mehr als nur einer Hinsicht ihren Stempel aufdrücken können, das ist die Rolle der SCS in der Spielwelt.

Ich kann Englisch, warum soll ich die deutsche Fassung von HoE spielen?

Weil es SCHLAUER ist! – Der Mehrwert der deutschen Ausgabe von Deadlands: Hölle auf Erden ist ja nicht allein in der deutschen Sprache, auch wenn bei dieser Übersetzung auf einen zur Stimmung von HaE passenden, rauhen western-artigen Tonfall sehr viel Wert gelegt wird.

Weiterer Mehrwert wird bereits bei der Übersetzung eingearbeitet: ALLE Regelklärungen, ALLE Errata, ALLE Fragestellungen in den Gamerz.net-Accumulated-Rulings (der zentralen Errata- und Fragen-Sammelstelle für alle DL Classic-Produktreihen) zum HoE-Grundbuch. Diese SEHR AUFWENDIGE Arbeit bietet einen echten Mehrwert gegenüber dem Originaltext, da dieser – wie bei Pinnacle oft der Fall – bisweilen etwas unpräzise formuliert ist. Das Einarbeiten der Accumulated Rulings läßt einen Spieler auch ohne gleich im Internet Klärungen erfragen zu müssen, sofort aus dem Grundbuch heraus losspielen.

Am HaE-Grundbuch arbeitet das A-Team: Jörg Theobald (Serafin/Wilson Freeman), Daniel Maier (Bathora), Ingo Schulze (Greifenklaue) und Frank Falkenberg (Freßt verstrahltes NAPALM!).

Wie geht es denn weiter mit der Hölle auf Erden?

Das HaE-Grundbuch ist der Start in die HaE-Produktreihe. – Als Folgepublikation, zu der noch nichts Konkretes feststeht, ist der Ergänzungsband „Der verstrahlte Westen“ im Gespräch, der mehr Settingdetails bietet, neue Monster, und neue Arkane Hintergründe wie Hexen (Erben der Mina Devlin und der Wichita Witches) und Bibliothekare (ja, richtig gelesen! – Die Bibliothekare stellen einen Arkanen Hintergrund dar. Und was für einen!). – Wie gesagt, für Folgepublikationen steht noch nichts Konkretes fest.

I’m a Pepper, too!

Soviel für eine erste Information zu dieser neuen, deutschsprachigen Produktreihe im großen Deadlands-Universum.

Dr. Pepper Post-Apocalypse

Bei Fragen die Kommentarfunktion hier benutzen oder in den diversen Foren, in denen ich diesen Artikel verlinkt habe, Eure Meinung und Eure Fragen und Erwartungen äußern.

See ya’all in HELL!

 

 

Degenesis:Verrohung – Das Rollenspiel findet immer einen Weg

Titelseite der Savage-Worlds-Conversion Degenesis:Verrohung Scheiße und doof. So mein Eindruck seit dem ersten vollständigen Durcharbeiten des Degenesis-Hardcovers, Nummer 105 (von 1000), signiert, vor ein paar Jahren. Aktuell bin ich ganz HEISS darauf in der Welt von Degenesis zu spielen. – Woher der Sinneswandel?

Vor einer Erklärung meiner aktuellen Einstellung zu Degenesis ein  Rückblick auf meine Sicht zum (alten) Degenesis.

Scheiße und doof

Ich erwarb das damals vorbestellbare, limitierte Degenesis Hardcover-Buch mit SEHR HOHEN Erwartungen. Zu der Zeit war ich ganz begeisterter Spielleiter und Spieler von „Die Chroniken der Engel“, hatte mehrere Scharen, bei denen ich parallel Spielleiter war, sowie eine Runde, in der ich selbst meinen Michaeliten spielen konnte.

Da kündigte sich ein weiteres deutsches, graphisch opulent ausgelegtes Rollenspiel an. Degenesis bzw. DeGenesis. – Ich wußte schon von der „Existenz“ von „Ein Stern wird fallen“, sah das aber eher als sehr lokal begrenzte, wenig Interesse weckende Abenteuer-Veröffentlichung an, nicht als ein „Frühstadium“ eines kompletten „Vollrollenspiels“.

Dann wurde die Degenesis-Hardcover-Entwicklung angekündigt, es wurden zum „Anfixen“ Bilder der neuen optischen Gestaltung im Netz publiziert. So entstand mein Interesse an einem weiteren „Gesamtkonzept-Rollenspiel“ ähnlich wie Engel. – Bei Engel gab es ja Comic, Musik, Rollenspiel und Romane (welche leider durchgängig „literarische Nullnummern“ waren). Solch ein über unterschiedliche Medien erstreckendes Konzept fand ich interessant. Ich war jünger als heute und wußte noch weniger als jetzt, was gut für mich ist.

Wichtig war für mich auch, daß Degenesis mit dem Thema HOFFNUNG antrat. – Die Welt der Engel ist nämlich recht hoffnungslos und eher traurig-deprimierend (auch wenn ich das für meine Auslegung schnell geändert hatte). Ich möchte aber nicht Rollenspiele spielen, um ich deprimieren zu lassen und in trister Hoffnungslosigkeit zu schwelgen – dafür reicht ein Blick in die täglichen Nachrichten aus. Ich möchte im Spiel etwas aus meiner Spielersicht zum GUTEN bewegen können. Das gibt mir im Spiel enorme Befriedigung und das erwartete ich auch vom Hoffnungs-Versprechen von Degenesis.

Und so erwarb ich mit HOHEN Erwartungen das Degenesis-Hardcover (samt „handgemachter“ Illustration, der Dreingabe für die Vorbesteller). – Vorher konnte man ja schon das PDF herunterladen, doch bei dem Seitenumfang und der vielen „Schwärze“ der Seiten war ein Ausdrucken keine sinnvolle Sache. Ich hatte schon mit manchen Leuten, die das PDF komplett durchgearbeitet hatten, gesprochen und „gemischte“, tendenziell eher negative Kommentare gehört. Von „Bilderbuch“ und „Textwüste“ war da schon lange die Rede, bevor ich endlich ein paar Monate später die Zeit fand mich voll und ganz diesem Buch zu widmen.

Zeit, die mich nachher REUTE! – Lebenszeit, die ich zum Lesen aufwandte, die mir aber wie GESTOHLEN vorkam.

Es WAR ein „Bilderbuch“ und es enthielt eine „Textwüste“ der ermüdenden, wiederholenden, schwültigen Art, die meine hohen Erwartungen gründlicher zerrrüttet hat, als schwerste Karies ein gesundes Gebiß zerrütten könnte.

Peinlich klamaukige Wortspiele wie „HELLvetiker“ oder „HybrISPANIA“ ließen völlig unpassend zu den Fluff-Beschreibungen eine gonzo-fun Endzeit erwarten. Wortspiele sind eh oft eine heikle Sache, aber wenn sie so gemacht werden, dann liegt auf der Zunge: „Mit Worten spielt man nicht“ zu rufen.

Multi-kulti-Dumpfheiten wie „Osman“ und Revanchismus in Bierseligkeits-„Subtilität“ wie „Lasst uns doch mal alles umdrehen. Die Schwarzen sind jetzt die Chefs, und die Weißen werden geknechtet. Cool, oder?“. – Oder.

Dazu noch Begriffsverwendungen „abseits des Gültigkeitsbereichs“ wie insbesondere bei den zentralen Begriffen „Kult“ und „Kultur“, die leider BEIDE irreführen und – insbesondere beim Begriff „Kult“ – oftmals SCHREIEND widersinnig (wider den SINN dieses Begriffs!) verwendet wurden.

Ich habe damals wirklich GELITTEN!

Und zwar mehr am Text als an den Bildern, von denen ich eigentlich rückblickend nur gepiercte Leiber (so extrem, daß die Dargestellten geradezu „Perforations-Abreiß-Laschen“ aufweisen) und viel zu viel Nacktheit trotz im Setting beschriebenen NIEDRIGEN Temperaturen in Erinnerung behielt.

Und dann die HOFFNUNGSLOSIGKEIT. – Die versprochene Hoffnung, die versprochene Menschlichkeit – all dies blieb in den endlosen Dünen der Degenesis-Text-Bleiwüsten verschollen. Es wurde eine Welt beschrieben, in der so gut wie JEDER seinem Nebenmann sofort und ohne Zögern an die Kehle gehen wird, weil die Konflikte dort so massiv und so nimmerendend angelegt sind. Und die Versporung gewinnt.

Woran mich das erinnerte?

An einen klassischen „unökologischen Dungeon“ der frühen D&D-Zeiten. Dort hat man auch oft Kreaturen, die sich spinnefeind waren, direkt nebeneinander plaziert, samt für die dortigen Bewohner „untötbaren“ Überkreaturen wie Schleimwesen usw. – Das gleiche bei Degenesis: Fast ALLE einander direkt benachbarten „Kulte“ sind einander spinnefeind im „Kill on Sight“-Sinne. Und wenn man die Zeit in der Welt „loslaufen“ lassen würde, dann rotteten sich binnen Kürze die meisten Bewohner gegenseitig aus. Eine Art „Unverträglichkeitsreaktion“, welche diese Spielwelt sofort ins Wachkoma schleuderte, wenn sie nicht in diesem Zustand eh vom „Schimmelpilz“ gefressen würde. Die Versporung der Welt ist unaufhaltsam, selbst kleine „Siege“ sind verlustreich, kaum wiederholbar, und die „Gesamtsituation“ ist HOFFNUNGSLOS. – Wie im Dungeon: Haben sich alle feindlichen Monster gegenseitig getötet, dann kommen die Schleimwesen, die Pilze, die Geleeglibbermonster und assimilieren die Überreste.

Die Welt von Degenesis ist wie ein SCHLECHTER Dungeon – damit leider sehr unglaubwürdig und vor allem: nicht des Spielens wert!

Spielrunden – wehe, meine voreilige Empfehlung – im Rollenspielverein, wo auf  MEINE Empfehlung (des bis dahin leider noch ungelesenen Grundregelwerks) hin manch ein Spielleiter zu Degenesis griff,  führten voll in den Rundenabbruch wegen untauglichen Regelsystems. Nachdem ich das Grundregelwerk komplett durchgearbeitet hatte, waren meine eigenen Gehversuche als Spielleiter damit ähnlich niederschmetternd.

Meine Eindrücke finden sich insbesondere im Blutschwerter-Forum in aller Ausführlichkeit, weshalb ich sie nicht hier nochmals wiederholen möchte. Interessierten kann ich folgende Links anbieten (diese Threads sind insgesamt recht interessant, weil in manchen auch die Degenesis-Macher zu Worte kommen und ein paar Einblicke geben):

Das war damals. Vor Jahren. Und es führte dazu, daß ich ALLEN an diesem Rollenspiel Beteiligten es wirklich krumm  nahm, daß sie mich so sehr ärgern machten.

Der Groll vieler Jahre – und die Kur

Mein Ärger über Degenesis saß so tief in mir fest, daß ich es den Entwicklern geradezu persönlich krumm nahm, daß ich mich über Degenesis‘ Produktschwächen so lange und so ausgiebig geärgert habe, daß ich anderen Rollenspielern eine schlechte Empfehlung gab, daß ich alle lang bekannten und leicht vermeidbaren Schwächen beim Settingentwurf vorfinden mußte, die es seit über 20 Jahren nicht mehr in Rollenspielprodukten hätte geben müssen.

Schwelender Ärger ist wie ein „Supervulkan“ – irgendwann platzt die Blase und NIEMAND hat dann mehr Kontrolle.

Die Blase platzte im Tanelorn-Forum in einem völlig anderen thematischen Kontext. Dort bin ich in einem Thread Christian Günther wirklich blöde und beleidigend angegangen. Da sah ich nur noch ROT und es floß mein Heiliger Zorn aus meinem Ärgervulkan direkt und ungehemmt in die Tastatur.

Ich hatte mein Geschriebenes nach ein paar Stunden und in deutlich abgeregtem Zustand nochmals gelesen und sofort erkannt, wie BESCHEUERT ich mich damit verhalten hatte.

Wenn ich solch eine Scheiße baue, die mir wirklich leid tut, dann gehe ich von selbst auf die Betroffenen zu und entschuldige mich dafür. Das habe ich auch in diesem Falle getan. Per PN und sowohl im Tanelorn als auch im Blutschwerter-Forum ÖFFENTLICH. Denn wenn ich jemanden öffentlich beleidigend angehe, dann wäre eine Entschuldigung  „unter Aussschluß der Öffentlichkeit“ in meinen Augen völlig inakzeptabel.

Auf der letztjährigen SPIEL in Essen habe ich Christian Günther dann auch erstmals persönlich getroffen – nein, nicht mit der Faust irgendwohin! Sondern am Sighpress-Stand in der Rollenspielhalle. – Mein Eindruck von ihm ist der eines SEHR NETTEN und aufgeschlossenen, aber durchaus streitbaren Menschen. Das Treffen war von meiner Seite her SEHR POSITIV und ich freue mich darauf ihn mal wieder zu sehen.

Dieser persönliche, rundum positive Eindruck war es, der meinen Heiligen Zorn über die „verschwendete Lebenszeit“ zum Erkalten und Abklingen brachte.

Skelett-Transplantation

Unabhängig von der persönlichen Ebene entwickelte sich in den letzten zwei Jahren eine sehr aktive und PRODUKTIVE Gemeinschaft: die deutschen Savages!

Nachdem im Frühjahr 2009 die deutsche Grundregelwerk-Ausgabe von Savage Worlds erschien, kamen mehr und mehr Rollenspieler auf den Geschmack von Freiheit und Abenteuer. Fast! Furious! Fun! – KEIN einfacher Slogan, sondern ein rundum GEHALTENES Versprechen!

Die Savages hierzulande zeigten – insbesondere im Kontrast zum eher „eingefroren“ wirkenden deutschen Lizenznehmer-Verlag – wie produktiv sie sind und wie vielfältig ihre eigenen Entwicklungen und ihre Adaptionen von Roman/Comic/Film-Settings sowie ihre Conversions von anderen Rollenspielen sind. Hier sind mir besonders solche Glanzlichter wie die „Wildes Aventurien“-Conversion oder die „Savage Mokkatam“-Kampagne für Midgard aus der Fülle an rundum positiven und beeindruckenden Fan-Produktionen aufgefallen.

Im Tanelorn-Forum gibt es einen eigenen Bereich für Conversion-Entwicklungen. Dort ging der Tanelorn-User Famulant (Valentin Maier, Mitarbeiter bei Degenesis-Produkten wie Nichtfraktal u.a.) mit seiner „Savage Degenesis“-Conversion an die Öffentlichkeit der Savages. – Und wie das bei solchen Projekten ist, sprangen gleich einige gestandene Savages auf und unterstützten ihn mit Ideen und Feedback bei seiner Conversion.

Mitten in der Entwicklung dieser Conversion wurde ich aus dem Tanelorn-Forum für immer verbannt. So war meine Mitwirkungsmöglichkeit in diesem Unterforum für Savages nicht mehr gegeben. – Daher habe ich mein Feedback zu einem schon etwas fortgeschrittenen Stand der Conversion direkt im Degenesis-Forum gegeben. – Dort war nämlich Alexander Malik so nett und hat für die „Degenesis Reloaded“-Arbeiten ein eigenes Unterforum eingerichtet.

Valentin Maier hat richtig GUTE Arbeit bei seiner Conversion geleistet! Degenesis:Verrohung-Logo

Nicht nur, daß der aktuell Stand der als Degenesis:Verrohung benannten Conversion schon gut (genug) spielbar ist, sondern er hat auch mittels des frei verfügbaren „Degenesis Art-Packs“ ein ansprechendes, den Originalpublikationen entsprechendes Äußeres geschaffen (siehe eingangs dieses Artikels das Titelbild oder nebenstehend das Logo zu Degenesis:Verrohung).

Darüber hinaus hat er noch eine Handvoll Beispiel-Charaktere erstellt und ein One-Sheet-Kurzabenteuer, „Menschenjagd“, verfaßt. Beide gibt es wie das Verrohungs-Dokument als kostenlose PDF-Downloads (vorzugsweise auf der Degenesis:Verrohung-Seite der Savagepedia.de).

Das Abenteuer enthält genug Material für gut drei Stunden Spieldauer – also genug für eine kurze Con-Spielrunde oder eine Vereinsspielrunde in einem Rollenspielverein. Die Beispiel-Charaktere sind soweit spielfertig und können somit gleich für dieses Szenario verwendet werden.

Mit der Savage-Worlds-Conversion hat Valentin Maier dem Degenesis-Rollenspiel das „brüchige“ Regelskelett des KatharSys herausgeschnitten und dem Setting-Fleisch das solide, leistungsfähige, leichtgängige und auch in extremen Settings bewährte Savage-Worlds-Regelskelett transplantiert. – Eine Art „Volltransplantation“. Doch hielt sich der Aufwand in Grenzen, eben weil  Savage Worlds schon viele Bausteine für eine Setting-Adaption mitbringt, die man einfach nur hinzufügen muß. – Die Verrohungs-Settingregeln sind überschaubar, knapp, auf die wesentlichen, settingspezifischen Fluff-Elemente der Welt von Degenesis bezogen: Versporung, Burn-Konsum, Psychonauten, Schrottsammeln, sowie die Umsetzung von „Kulten“, „Kulturen“ und „Konzepten“ (die leider grausig mißverständlich verwendeten Begriffe sind natürlich geblieben – diese vom Kopf auf die Füße zu stellen würde deutlich mehr Arbeit erfordern).

Was diese Conversion darüber hinaus auszeichnet: Sie gibt den „neuen Geist“ von Degenesis wieder. – Auch Christian Günther ist sich des Problems der zu stark angelegten Konflikte in der Welt zwischen den einzelnen Gruppierungen bewußt. Er sagte mir auf der Spiel 2010, daß er die im Grundregelwerk geschilderten Konflikte als Extremfälle ansieht. Es gibt durchaus die Möglichkeit zur Kooperation, zur Unterstützung, oder zumindest zur „friedlichen Koexistenz“. Und das sollte bei späteren Degenesis-Produktionen auch klarer zum Ausdruck kommen.

In Degenesis:Verrohung sind diese Ideen auch schon eingeflossen. Als SCs stellt die ART der SC-Gruppe, die man spielen will, eine erste und sehr wichtige Überlegung dar. Daran hängt sich die gesamte gruppeninterne Beziehungsstruktur auf, welche ein GRUPPENSPIEL, wie man es eben im Rollenspiel normalerweise betreibt, ermöglichen und unterstützen soll. – Natürlich haben einzelne Charakter unterschiedliche Interessen, aber die „Kill on Sight“-Blutrünstigkeit erlaubte ansonsten nur „Mono-Kult(ur)“-Gruppen. Und das ist bei Degenesis:Verrohung schon anders. Deutlicher als hier kommt kaum die NEUE Denkweise bei Degenesis, die mehr SPIEL- und SPIELER-orientiert ist, zum Tragen. – Ein echter Fortschritt, wie ich finde.

Bewährungsprobe

Manch eine – nicht-selbstgemachte! – Conversion liegt bei mir ungespielt auf dem Rechner oder als Ausdruck in einem der vielen (und hohen) Papierstapel in meiner Wohnung herum. Viele davon hatten eine oder ein paar gute Ideen, aber nie genug, um mich zu reizen sie auch mal im praktischen Spiel zu erproben. – Anders Degenesis:Verrohung.

Nachdem ich eh am Überlegen war, was ich als kurze nachmittägliche  Rund auf dem Cat-Con letztes Wochenende anbieten könnte, ging ich die One-Sheets des One-Sheet-Wonder-Wettbewerbs durch – und das Verrohung-One-Sheet.

Mich „juckte“ es schon länger im Würfelbeutel diese Conversion einem Praxistest zu unterziehen. Mit den vorgenerierten Charakteren und dem „Menschenjagd“-One-Sheet hatte ich nun genug Material eine schnell vorbereitbare und schnell spielbare Verrohungs-Runde anzubieten.

Doch bin ich beim Rundenvorbereiten immer etwas „eigen“.

Ich MAG Abenteuer ausschließlich als PDF. Ich nehme mir nämlich den Text und die Karten/Bilder per Kopierfunktion heraus und mache mir mein eigenes, spielrundenspezifisches Vorbereitungsdokument. – Dort mache ich mir eigene Handout-Seiten mit Karten, Bildern, Texten für die Spieler; ich markiere mir Namen und wichtige regeltechnische Passagen auf meine (altbewährte) Weise, und ich ÜBERARBEITE das Szenario oft noch so, daß ich mich damit und darin wohl fühle.

Das ging (nachdem ich die Texte mit etwas Mühe aus dem PDF auch endlich lesbar extrahiert hatte) recht gut. Das Szenario ist GUT geschrieben, wenn man so leitet, wie ich es bevorzuge. – Das kam mir – und meinen Spielern – natürlich zugute.

  • Die NSCs hatte ich ein wenig in ihren Spielwerten überarbeitet  – leider fehlten die Spielwerte für eine NSC-Chronistin zur Gänze(!),  aber die hatte ich im Spielverlauf anderweitig „kaltgestellt“, so daß Spielwerte nicht nötig waren – wäre aber trotzdem besser, wenn sie welche aufgeführt hätte! – Insbesondere, ob sie wie der SC-Chronist auch über Mächte verfügt!).
  • Es fehlte leider auch eine KARTE der Lokation, was schade war, weil ich so etwas gerne zum besseren Vorstellen der TAKTIKEN der SCs und der NSCs vorliegen hätte. Im Spiel hatte ich die Lokation dann von den Spielern nach ein paar dirigierenden Worten selbst auf eine Flipmat zeichnen lassen (Flipmats sind übrigens wirklich praktisch für Con-Runden!).
  • Was genau der „Heizturm“ im Ort für eine Funktion hat, was er dort soll, das wurde leider im Szenario nicht erklärt. Und auch nicht, wie genau er aussieht, wie hoch er ist, usw. – Wie gesagt: Hier wäre eine Karte der Siedlung UND eine klare Beschreibung des „Heizturmes“ eine echte Verbesserung des Abenteuers.
  • Eine Übersichtskarte mit der – mehr oder minder genauen – Verortung der Lokation wäre auch wünschenswert gewesen. Ich hatte nach bestem Wissen und Gewissen mal mehr oder weniger glücklich geraten, wo genau sich dieses Szenario abspielt.

Nun kam das erste echte Problem: Savage Worlds spielt man (meist) MIT MINIATUREN. – Doch woher nehme ich nun Degenesis-spezifische Figuren?

Wie gut, daß das Grundregelwerk und manch eine Galerie der Degenesis-Zeichner solch eine Fülle an verwertbaren Illustrationen (insbesondere von stehenden Ganzkörperdarstellungen!) bieten – und was nicht dort zu finden war, das war bei Deviantart nach nur wenig Suchen auffindbar.

Ich habe aus den „offiziellen“  und den im Internet zusammengeklaubten Illustrationen eine UNMENGE von Faltfiguren zusammengebastelt – als Druckdatei und dann ausgedruckt und geklebt (inklusive Tieren, Monstrositäten und Fahrzeugen).

Monstrositäten? – Genau! – Ich hatte nämlich einfach LUST zu sehen, wie sich die SCs gegen Spaltenbestien schlagen würden. Daher habe ich eine Szene VOR die Ereignisse in „Menschenjagd“ geschaltet, zu der ich die Schrotterunterkunft des Original-Szenarios „Belagerung“ verwendet hatte, aber eben leer und als Behausung für nicht nur eine sondern gleich zwei Spaltenbestien – eine ist langweilig. Sollen die SCs doch mal zeigen, ob sie nicht nur mit Glück eine niederringen können, sondern ob sie wirklich was drauf haben!

Mit diesen Materialien und dem selbstgemachten Spielrundenaushang ging es auf den Con.

Der Ernstfall – Jeder spielt! Keiner drückt sich!

Ich wollte um 14 Uhr starten. Der Aushang hing über eine Stunde, und ich hatte nur genau EINEN Spieler um 14 Uhr eingetragen. – Mist! – Das war ärgerlich. Aber die Göttin der Spielfreude war mir mir. Denn ich konnte jemanden vom Tanelorn-Forum, der auch auf dem Con war, motivieren mitzuspielen – aber erst ab 15 Uhr. So verschob ich den Start-Termin auf 15 Uhr und hoffte noch ein oder zwei weitere Spieler aufzutreiben.

Um 15 Uhr waren es dann aber für mich überraschend SECHS Spieler, die bei der Degenesis:Verrohung-Runde mitspielen wollten. Fünf davon eingetragen im Rundenaushang, leider besagter Tanelorn-User nicht (er hatte vergessen sich einzutragen). So hatten die Eingetragenen ihren Rundenplatz bekommen (Sorry, Robert! Klappt bestimmt ein anderes Mal, daß wir wieder mal zusammen spielen.)

Von den fünf Spielern kannte einer Savage Worlds sehr gut, aber dafür Degenesis (bis auf die Bilder!) nicht.

Zwei weitere kannten Degenesis vom Setting her, waren aber von KatharSys enttäuscht und wollten nun einmal ein anderes Regelsystem ausprobieren. Savage Worlds kannten sie bislang noch nicht.

Die letzten beiden kannten Degenesis nicht und auch Savage Worlds nicht.

Somit begann ich mit einer Erläuterung der Kernbegriffe und Grundmechaniken von Savage Worlds, damit die Spieler mit den Spielwerten der vorgenerierten Charaktere etwas anfangen konnten. Dann erläuterte ich, was man in „Degenesis-Sprech“ unter „Kulten“, „Kulturen“ und „Konzepten“ versteht, sowie die konkreten KKK der vorgenerierten Charaktere.

Die Charaktere und ihre Spieler:

  • Chronisten-Agent, Shutter – Spieler kannte SW und Degenesis nicht.
  • Sippling-Kriegerin, Leibwächterin – Spieler kannte SW und Degenesis nicht.
  • Apokalyptiker-Elster – Spieler kannte SW nicht, aber Degenesis.
  • Spitalier-Enklavenärztin, Combat-Medic – Spieler kannte SW nicht, aber Degenesis.
  • Richter-Vigilant – Spieler kannte Degenesis nicht, aber SW sehr gut.

Nach Verteilen der Patronenhülsen als Bennies und Klären von ein paar Fragen zur Ausrüstung und manchen Talenten konnte es nach ca. 30-40 Minuten losgehen.

Auf ins Abenteuer!

SPOILER-WARNUNG für das „Menschenjagd“-One-Sheet!- Ab hier bis zum Ende der gleichartig gekennzeichneten Sicherheitszone ist die Spoilerbelastung deutlich höher als der rollenspielpolizeilich festgelegte, zulässige Grenzwert.

Wer es gerne noch spielen möchte und sich die Überraschungen nicht verderben möchte, liest in diesem langen Kapitel besser nicht mit, da hier mit massiver Verspo(ile)rung zu rechnen ist. Die hier zu lesenden Schilderungen zum Abenteuer bekommen die Spitalier nicht mit EX weg, sondern nur noch durch Rausschnippeln der betreffenden Hirnbereiche. Ihr seid gewarnt! – Einfach schnell runterscrollen bis der nächste fett und rot formatierte Text auftaucht.

Vorgeschichte/Motivation

Der Einfachheit eines Einstiegs halber, machte ich mir keine große Mühe mit Subtilitäten der Vorgeschichte. Der Chronist sollte den Mittlern in :shell bestimmte Datenträger überbringen (nicht näher spezifiziert, weil unwichtig). Die Sippling-Kriegerin war einerseits als seine Leibwächterin für die Reise am Rande der :staublunge angestellt, andererseits auch als Kundschafterin, um Ärger aus dem Weg gehen zu können. Der Apokalyptiker wollte mit und von den Schrottern in :shell ein wenig verdienen – und seinen Spaß haben. Die Spitalierin war an :shell abgeordnet worden, um dort als Enklavenärztin in der Schrottersiedlung zu arbeiten. Der Richter war als „Law Dog“ wie ein „One Riot, one Ranger“-Texas-Ranger unterwegs um Recht und Gesetz zu verbreiten – und die Schrotter der vom Protektorat als noch zu seinem Einflußgebiet betrachteten Ort :shell  sollten bald spüren, wie es sich mit persönlich anwesender „Rechtssicherheit“ lebt.

Das als Vorgeschichte und Charakter-Motivation die Reise nach :shell zu unternehmen und als Gruppe (safety in numbers) zu reisen. Und schon ging es los…

Staubsturm

Seit anderthalb Tagen ist die Gruppe in der Staubwüste unterwegs. Sie haben guten, sogar etwas warmen Rückenwind. Das sollte der Sipplings-Kriegerin ein Anzeichen für einen kommenden Staubsturm sein – doch schaffte sie ihren Wahrnehmungswurf nicht, so daß der Wind an Stärke zunahm und sie erst (ohne Wurf natürlich!) bemerkte, daß ein Staubsturm herannaht, als die SCs nur noch wenige Minuten Zeit hatten, bis sie von diesem Sturm eingeholt würden.

Alle waren am Suchen nach einem geeigneten Unterschlupf und zwei fanden unter all dem Staub und Geröll etwas, was nach einem Eingang in ein ehemaliges Kellergewölbe oder so etwas aussah – ein zu regelmäßig, zu kantig geformtes „Loch“ in der Seite einer Düne. Während die Augen aller im aufziehenden Staubsturm auf diesen Eingang in die unterirdische Schwärze gerichtet waren, blickte die Spitalierin ganz woanders hin. Sie war augenscheinlich so fasziniert davon, daß die Molluske im Aufsatz auf ihrem Spreizer einen wilden „Tanz“ aufführte, daß sie ihre Umgebung völlig vergaß (kritischer Fehlschlag beim Wahrnehmungswurf!). – Das war gut so, denn so bemerkte sie die zwischen den in der Umgebung herumliegenden Geröllhaufen und alten, verrosteten Containern herumschleichende SPALTENBESTIE nicht!

Die Spaltenbestie konnte einen satten Überraschungsangriff landen und durchbohrte mit vergifteten Krallen den Neoprenanzug am Rücken der Spitalierin. Trotz der Überraschung fiel der erste Hieb weniger kraftvoll aus, als zu erwarten gewesen wäre (trotz +4 zum Treffen und zum Schaden echt MIES gewürfelt). So war die Spitalierin nur angeschlagen und spürte das Einsetzen des Giftes ihre Muskeln verkrampfen lassen (mehrere Bennies hatten leider keinen Erfolg beim Konstitutions-Wurf erbracht).  – Der laute Schmerzensschrei alarmierte alle Helden von der Gefahr.

Alle wandten sich um – die Spitalierin, die ja im Rücken attackiert wurde ebenfalls – und alle erblickten die in düsteren Legenden geschilderte Monstrosität einer Spaltenbestie mit hungrig geifernden Lefzen ihrer Reisegefährtin zusetzen. – Zeit zum Angsthaben! (Alle machen eine Mumm-Probe wegen der Eigenschaft „Furchterregend -2“ der Spaltenbestien.)

Der Apokalyptiker gab lieber Fersengeld und sprintete zum Kellerloch – obwohl er nicht wußte, was in der Dunkelheit dort auf ihn warten mochte. Dem Chronisten erging es nicht ganz so gut (trotz Bennies!). Sein Mut verließ ihn zuerst – gefolgt von seinem Herzen! Den herannahenden Herzinfarkt konnte der Pechvogel gerade noch vermeiden, brach aber auf der Stelle zusammen und wand sich im Staube. Die Sipplings-Kriegerin war vom plötzlichen Auftauchen einer Gefahr so geschockt, daß ihre ungestüme Berserkerwut geweckt wurde. Nachdem sie wieder handlungsfähig  war rannte sie zum „zivilisierten Jammerlappen“ von Chronisten, um ihren Auftraggeber vor der Bestie zu beschützen. Die Spitalierin riß sich zusammen und betrachtete die Spaltenbestie mit medizinischer Nüchternheit – völlig ungerührt schritt sie zur „Behandlung“ mittels des Spreizers und konnte die Bestie leicht ankratzen. Der Richter war auch nicht mehr sein selbstsicheres, gelassenes Bild des Gesetzeshüters, sondern als ihn sein Mumm im Stich ließ, gewann die Kampf-Seite die Kampf-oder-Flucht-Entscheidung: mit einem Adrenalinschub sonder gleichen riß er seine Muskete hoch und schoß der Spaltenbestie einfach den Kopf weg (krass hoher Schaden bei verdammt gutem Trefferwurf).

Damit war die Situation bereinigt. Und der Apokalyptiker im DUNKELN des Ruineneingangs. ALLEIN. OHNE Licht.(Für so etwas gibt es natürlich einen Bennie! – Und einen Wahrnehmungswurf der Bewohner der Ruinenanlage! Leider fehlgeschlagen. Mist!)

Abstieg in die Tiefe

Da Spaltenbestien massiv versport sind, durfte nach der „Splatter-Einlage“ durch den Richter die Spitalierin erst einmal prüfen, ob sie versport wurde (Gasmaske half zwar, aber nicht bei so massivem Würfelpech – somit mußten weitere Bennies dran glauben). Nach einer kurzen Pause zum Selbstverarzten der Spitalierin, in welcher der ein wenig vorsichtige Apokalyptiker wieder (unerwartet unbeschadet) aus dem Ruineneingang heraus kam, fiel allen auf, daß sie keinerlei Lichtquellen dabei hatten. Keine Fackel, keine Laterne, kein elektrisches Licht (etwas, was man beim Ausstatten der vorgenerierten Charaktere noch ergänzen sollte – es ist nicht glaubwürdig, wenn eine solche Gruppe ohne Nahrung, ohne Licht, ohne Camping-Utensilien in der Wildnis herumläuft; für die Wiederholung dieser Runde als RPC-Spielrunde werde ich daher die Charaktere entsprechend überabeiten).

Kurzerhand bestand Konsens, daß alle Sipplinge aus einfachen Mitteln Fackeln improvisieren können – was die Sipplings-Kriegerin auch mit Bravour hinbekam. So hatte man nun Licht für einen Abstieg in die Tiefe des Ruinenkomplexes.

Sipplingskriegerin vorneweg, Spitalierin dahinter – im Wechsel mit dem auf Plündergut neugierigen Apokalyptiker. Der vom Pech verfolgte Chronist wußte nicht, wo er denn am ehesten gehen oder auch nur stehen sollte, weil es ja überall gefährlich für ihn sein könnte. Der Richter bliebt etwas zurück, daß er gutes Schußfeld für seine Muskete hatte – falls ihm keiner der Begleiter vor den Lauf gerät.

Ein Gang führte hinein in die Düne und etwas abwärts. Er endete vor in offenem Zustand festkorrodierten Doppeltüren aus Stahl. Diese waren schon lange Zeit nicht mehr bewegt worden und auch nicht mehr bewegbar. Dahinter gab es einige offene Eingänge in weitere Räume. Es wurde ein Raum mit schwerem Gerät, massiven Bauteilen etc. entdeckt. Während noch alle darüber rätselten, wozu diese von einem Mann kaum beweglichen Teile taugen mochten, ging der Apokalyptiker voraus und schaute in andere Eingänge. – Er entdeckte einen Raum voller Knochenreste, manche schienen von Hunden zu stammen, aber ob alle, das konnte man nicht sagen. Und er entdeckte zwei weitere Räume, sowie voraus einen großen, halbkreisförmigen Raum. – Da! – Was war das? – Er hörte (krass hoher Wahrnehmungswurf) ein schlurfendes Geräusch, wie wenn sich etwas über einen geröllbedeckten Boden bewegt. Etwas großes. – Das Geräusch schien aus dem Raum mit den Knochen zu kommen!

Sinnvollerweise ging der Apokalyptiker sofort zurück zu den anderen und warnte sie. Dies schoben gleich die Sipplings-Kriegerin vor, die mit Fackel und Speer voranschritt. – Währenddessen sondierte die Spitalierin mittels ihrer Molluske die Gegend nach Versporungsanzeichen. Und davon gab es eine satte Quelle! Die Molluske führte ihren bekannten Chachacha auf und damit war klar: Versportenalarm in 10 Uhr!

So war auch keiner überrascht, als die zweite Spaltenbestie aus dem Knochenraum stürzte und mit mehr Armen, als man haben sollte, auf die Sipplings-Kriegerin eindrang. Diese konnte sich gerade noch verteidigen und schaffte es im Gegenstich die Spaltenbestie angeschlagen zu bekommen. Darauf jagte die Spitalierin den Spreizer in die versporte Kreatur und machte ihr den Garaus. – Glücklicherweise wurde auch niemand versport bei der eher unappetitlich-unhygienischen „Entsorgung“ dieser Kreatur.

Die nächsten 10 Stunden verbrachte die Gruppe im nun vollends durchsuchten Ruinengebäude, welches wohl früher mal von Schrottern bewohnt wurde, die jedoch schon lange Zeit ausgeflogen (oder gefressen?) sind. – Aber es gab noch verwertbares Material! So gingen bei all der verfügbaren Zeit zum „Aussitzen“ des Staubsturmes der Apokalyptiker, der Chronist und die Spitalierin auf zum „Schrotten“ – zum Suchen nach Verwertbaren Materialien, die hier vielleicht noch rumliegen könnten.

(Ein idealer Punkt die Verrohung-Settingregeln zum Schrottsammeln auszuprobieren.) Der Apokalyptiker hatte Glück und fand Elektronikbauteile im Wert von 50 Wechseln. Die Spitalierin fand auch Elektronikreste im Werte von 30 Wechseln. Nur der Chronist hatte sich von „Kabeln“ täuschen lassen und kam statt mit Datenkabeln usw. nur mit einem Drahtzug eines alten Motorrads samt Griffteil für 6 Wechsel weg – genug sich eine Kleinigkeit zu leisten, aber wenig für acht Stunden Wühlens im Dreck – Pechvogel halt! (Der Chronisten-Charakter hat das Handicap Pechvogel, aber der Spieler legte hier auch krass „unter Par“-Würfe und Pokerkarten-Züge hin. Das paßte schon – und brachte ihm, wie sein Beinahe-Herzinfarkt oben, auch neue Bennies ein.)

Rauch am Horizont

Weiter ging es früh am nächsten Morgen. Der Staubsturm hatte sich gelegt und man konnte wieder frei atmen – was hier in der Nähe der :staublunge „frei atmen“ sein mag.

Erkundenderweise schaute die Sipplings-Kriegerin sich immer wieder in der Gegend um und entdeckte mit scharfen Augen eine schmale, schwärzlich-rußige Rauchsäule jenseits von ein oder zwei Staubdünen.

Vorsichtiges Nähern erbrachte, daß der Ort – wenn man ein halbes Dutzend Gebäude „Ort“ nennen darf – wohl schon mal bessere Zeiten gesehen hat: Eine größere Lagerhalle ist nämlich noch dabei dicken Rauch auszuspucken, da sie wohl erst vor einigen Stunden heruntergebrannt ist und noch vor sich hin schwelt. – Mühe das Gebäude mittels des reichlich vorhandenen Sandes und Staubes zu löschen, hatte sich wohl keiner gemacht.

Weiter herangeschlichen offenbaren sich mehr Details: es liegen jede Menge Leichen zwischen den Gebäuden. Diese liegen so, wie sie gefallen sind, bzw. wie die Handvoll Gendos, welche sich gerade an den Kadavern gütlich tun, sie zurückgelassen haben. Die Gendos scheinen sich ordentlich satt zu essen, nachdem sie von Leiche zu Leiche gehen und nur die – vermutlich – leckersten Stücke herausreißen.

Mit einem Haufen, nach Auskunft der Spitalierin möglichweise auch leicht versporten, Gendos wollte sich keiner so recht anlegen. Also machte jeder erst einmal, was er für das Beste hielt. – Der Apokalyptiker schlich sich behende an das schwelende Lagerhaus, um zu sehen, ob nicht doch noch etwas „Rettenswertes“ dort den Brand unbeschadet überstanden haben möge. – Am Lagerhaus angekommen stellte aber fest, daß wohl brennbare Substanzen (Petrol?) dort gelagert wurden, so daß wirklich alles gründlich eingeäschert wurde.

Die Sipplings-Kriegerin schlich sich in der Gegenrichtung an die beiden Werkstatt-Bauten heran. Dort in Deckung liegend, war sie nur wenige Schritte von den Gendos entfernt – und entdeckte bei einem Blick hinter einen Fensterladen des Werkstatt-Baus ein wohl noch funktionstüchtiges technisches Gefährt (einen Unimog, um genau zu sein – wußte sie aber nicht). – Der Chronist versuchte es ihr gleich zu tun und zu schleichen, stolperte aber eher hinterher – er versuchte daraufhin das flache Dach der Werkstatt zu erklimmen, was ihm aber nicht nur mißlang, sondern auch die Aufmerksamkeit eines der fressenden Gendos erregte:  der Gendo, der ihm am nächsten war, schaute ihn mit blutigen Lefzen kurz direkt an, bevor er weiter an einer Leiche fraß.

Die Spitalierin schlich dem Apokalyptiker nach und duckte sich hinter die qualmenden Grundmauern der Lagerhalle.

Blieb nur noch der Richter, welcher auf „seine Art“ schlich: nämlich nicht. Er stapfte, mit Hut und Mantel und Muskete seine aggressive Ausstrahlung noch untermauernd, nicht gerade unauffällig heran. – Und sofort drehten sich die Augen aller fünf Gendos nur ihm zu.

Dogs in the Junkyard

Die Gendos sprinteten auf den Richter zu, welcher einen mit der Muskete niederschoß. Die Sipplings-Kriegerin versuchte in Nahkampfposition zu kommen. Da probierte der Chronist mal seinen Tesla-Emitter aus (Macht: Geschoß – dieses Gerät verschießt Metallteile via magnetischer Beschleunigung). Auf drei der Gendos feuernd, traf er nur mit etwas Glück zwei richtig gut (daß sie starben) und den letzten nicht (und die ganze Aktion hatte den Chronisten auch noch einen Bennie gekostet – es ist schon interessant, wenn der SPIELER das „Pech“-Handicap des Charakters auch beim Würfeln zeigt).

Der Gendo, der dem Richter, welcher mit Nachladen beschäftigt war, am nächsten war, wollte den Richter angreifen, aber die Spitalierin hatte nur auf diesen Moment gewartet und griff mitten in das Heranstürmen des Gendos mit ihrem Spreizer an. Sie traf so perfekt, daß sie sofort die Spreizerladung aktivierte und es den Gendo vor dem Richter förmlich zerriß.

Der letzte Gendo rannte dieweil herbei und griff den Richter mit einem wüsten Angriff im Sprung an die Kehle an – doch das Glück und sein weiter Mantel waren mit ihm, und so verbiß sich der Gendo nur in den hohen, dicken Mantelkragen, statt in die Kehle des Richters.

Die Spitalierin konnte dem letzten Gendo leider nicht einen Wirkungstreffer beibringen, und so sah sich der Apokalyptiker genötigt (u.a. der SPIELER durch die anderen Mitspieler) einzugreifen. Er führte eine von einem Möwen-Apokalyptiker gewonnene Harpune mit sich und die warf er sogleich mit dem Erfolg, daß der Gendo angeschlagen war. – Das gab dem Richter die Gelegenheit statt zu schießen zu seinem Richthammer zu greifen und mit finalem Richtspruch auf den Lippen dem Gendo den Schädel einzuschlagen.

Damit waren die Aasfresser beseitigt, und die Gruppe konnte sich etwas umsehen.

Willkommen in :shell – oder so

Die Ortschaft wurde jetzt erst einmal in näheren Augenschein genommen. Es gab zwei – aktuell leerstehende – Barracken (mit Leichen drin), zwei Werkstätten (ohne Leichen, gut ausgestattet), ein Lagerhaus (ausgebrannt) einige Wege zwischen den Gebäuden (mit lauter Leichen in unterschiedlichem Zustand – je nach Freßspuren durch die Gendos), sowie zentral einem „Heizturm“ (mit verschlossenen Doppeltüren).

Anmerkung zum Heizturm:

Ein Heizturm

Was genau ein „Heizturm“ ist, wie der aussieht, ob er mehrere Innengeschosse oder einen Keller haben mag, was da genau drin sein mag, usw. wird leider NICHT im Abenteuer erläutert.

Es wird auch nicht erläutert, WOZU die Schrottsammler eigentlich solch einen Heizturm brauchen. Was machen die mit und in diesem Teil eigentlich?

Immerhin ist ein Heizturm ja in heutiger Zeit entweder ein massives Gebäude (links) oder ein SEHR hoher Schornsteinturm (rechts).

Dieser Heizturm ist jedenfalls für das Szenario von zentraler Bedeutung und könnte und sollte daher besser beschrieben werden, als im aktuellen Stand des One-Sheets.

Was da drin wirklich gemacht wird, konnte ich mir nur Heizturmeher schlecht als recht zusammenreimen und mußte mir daher irgendwas halbwegsPlausibles aus dem Ärmel ziehen – also nicht wundern, woher ich die Informationen haben mag; sie stammen alle aus meinem eigenen fiebrigen Hirn.

Ich habe den Heizturm als zum einen von den Schrottern selbst erbauten Turm mit lauter technischen Anlagen zum Einschmelzen von manchen Metallen sowie zum Vulkanisieren für die Gummi-Herstellung beschrieben. Zum anderen habe ich den Turm deutlich niedriger als einen modernen Heizturm gemacht.

Alle anderen Gebäude in :shell sind eher gedrungene, niedrige, eingeschossige Bauten aus irgendwelchem zusammengetragenen Material. Der „Turm“ zeichnet sich dadurch aus, daß er einen vergleichsweise hohen Raum (über 8m Höhe) umschließt und innen, hinter seinen verbarrikadierbaren Doppeltüren, KEINE weiteren Raumunterteilungen hat. Es sind nur entsprechende industrielle Anlagen, Öfen, Kessel, etc., installiert, welche mittels metallener Laufgänge, halsbrecherisch aussehender Leitern usw. verbunden sind.

Zudem hat der Heizturm nach meiner Interpretation dieses Abenteuers eine auf ca. 3m Höhe angesetzte, aus Metallresten erstellte Art von Balustrade, die nur wenig Deckung (-1) bietet, dafür aber freie Sicht über die Siedlungsgebäude hinaus erlaubt. Da die Balustrade so weit unten angebracht ist, kann sie von beherzten, kooperativ agierenden Kletterern auch erklettert werden – und diese Option wollte ich auf alle Fälle für meine NSCs haben! Immerhin sollten die Sipplinge der Angreifergruppe eine Chance haben dieses Gebäude zu überrennen.

Nachdem nur der eine oder andere Charakter eine Bewegung, etwas metallisch Aufblitzendes von der Höhe der Balustrade bemerkt hatte, versuchte es die Sipplings-Kriegerin zur Abwechslung mal mit Reden. – Und das nützte sogar etwas! – Ein schon in die Jahre (Mitte vierzig) gekommener Schrotter erschien durch einen der beiden Durchgänge aus dem Turm auf die Balustrade.

Die Sipplings-Frau begrüßte er gleich mit einem auf sie angelegten Schrottgewehr. Er zeigte sich nicht begeistert von Sipplingen im Allgemeinen und war nicht bereit irgendwelche „subtilen Unterschiede“ zwischen ihr und den – wie er sagte – Sipplingen, die den Ort heute morgen angegriffen hatten, zu machen. – Gutes Zureden der anderen nicht Maulfaulen in der Gruppe brachte jedoch ein herzlicheres Willkommen. Die Gruppe wurde in den Heizturm, die letzte Zuflucht der Überlebenden, eingeladen. Auch die Sipplings-Kriegerin wurde mit einem „ich behalte Dich im Auge“ willkommen geheißen. (Die Sipplings-Kriegerin ist Außenseiterin und hier schlug der Charisma-Abzug spürbar zu Buche.)

Die Überlebenden stellten sich als unterschiedliche Gruppen dar. Zum einen waren dort die Schrotter, etwa ein halbes Dutzend hatte den Angriff überlebt und Grotendorst fungierte als ihr Sprecher und so eine Art „Anführer“. Drei der Schrotter waren aber nicht transportfähige Verwundete des Überfalls – somit keine „Aktivposten“ für den noch kommenden Streß im Ort. – Dann hielt sich ein Pärchen Apokalyptiker, Mero, ein junger, zwielichtiger Kerl (Raubkrähe), und Damast, eine noch jüngere und mit der Sipplings-Kriegerin an Spärlichkeit der Bekleidung konkurrierende Nutte (tatsächlich eine recht kompetente Elster).  – Desweiteren hielt sich eine Gruppe Jehammedaner –  bestehend aus Sibel, einer befehls- und aufmerksamkeitsgewohnten Saraeli, und ihren beiden hündischen Gehorsam zeigenden Ismaeli-Leibwächtern –  etwas abseits von den schmutzigen Schrottern und schon erst recht von den Apokalyptikern. Sibel hatte bei dem Überfall einige ihrer Getreuen verloren und fing sofort an alle Anwesenden zu nötigen eine Bestattung all der vielen Leichen im Ort, insbesondere aber ihrer Geschwister im Glauben, durchzuführen. – Und dann war da noch die Chronistin Vesa – die ausgesprochen verängstigt wirkte (trotz Kutte, Maske und Vocoder).

Socializing

Der Chronist ging sogleich zur Chronistin Vesa und übergab ihr – so sein ursprünglicher Auftrag – die von ihm mitgebrachten Datenspeicher aus dem Protektorat. Doch war sie, wie es schien, nicht so recht bei der Sache. Ihr Kollege, der Chronist Cyrix, wurde nach ihrem Bericht von der Sipplingshorde, die :shell angegriffen hat, offenbar verschleppt. – Als der Chronist die Sprache auf den Unimog in der Werkstatt brachte, schlug Vesa vor sich einen Schrotter, der fahren kann, anzuheuern und dann umgehend, noch in dieser Stunde, das Weite zu suchen. Denn sie hatte das Gefühl, die brutalen Kerle kämen bald zurück um auch sie zu verschleppen – und jetzt, wo ja noch ein Chronist im Orte weilte, diesen – den SC-Chronisten! – natürlich auch! (Da schluckte der Chronisten-Spieler etwas.)

Die Spitalierin meldete sich gleich beim Schrotter-Wortführer als Enklavenärztin und schaute nach den Verwundeten. Dabei und beim Umschauen im Ort, um die Leichen zu beschauen und Materialien für das Verschanzen im Heizturm zu bergen, fiel ihr auf, daß manche der im Ort verstreuten Leichen auch die von Sipplingen sind – Sipplingen mit einem Sonnensymbol auf der Brust oder auf manchen Geräten.

Dazu konnte die Sipplings-Kriegerin mehr erzählen: Diese Sipplinge sind Angehörige eines Stammes, der dem „Sonnenkönig“ dient, welcher auf krude Art technisches Gerät nutzt, ja geradezu verehrt. Um es zu betreiben, benötigt er jedoch Leute, die sich damit auskennen. Daher läßt er ab und an technisch Begabte (gerne auch Chronisten) entführen, um in seinen Anlagen alles in Schuß zu halten. Das übliche Vorgehen ist, die Entführten sofort abzutransportieren. Daher dürfte eine Verfolgung mit Ziel der Rettung eines Entführten wenig Aussicht auf Erfolg haben. Der Trupp ist sicher schon weit, weit weg in einer Region, wo sie sich nicht so gut auskennt, wie die dortigen Sonnenanbeter-Sipplinge. (Der Spieler hatte gnadenlos hoch beim Allgemeinwissen gewürfelt, so daß ich seine Sipplings-Kriegerin all diese Informationen haben ließ.)

Der Apokalyptiker freundete sich gleich mit seinen beiden Geschwistern im Geiste an. Diese offerierten ihm erst einmal einen Sonderpreis für Glorie-Burn der guten Sorte. Doch da griff er (noch) nicht zu. Dafür besprach er mit den anderen Apokalyptikern, daß sie den Wagen fahrbereit machen und „ungefragt“ einfach zum Abhauen nehmen sollten. Damast meinte, daß sie einen der Schrotter, der sich besonders gut mit dem Wagen auskennt, um den Finger wickeln könnte, daß er mitkommt – als Fahrer und Mechaniker, falls der Karren doch mal liegenbleiben sollte.

Dieweil unterstützte der Richter den Wunsch der Saraeli Sibel nach einer ordentlichen Bestattung der Leichen und wedelte zur „Förderung der Motivation“ der Schrotter, die keine Lust hatten ihre zerrissenen Ex-Kumpels bzw. Ex-Konkurrenten mühsam zusammen zu klauben, mit dem Richter-Kodex herum. Er zitierte die eine oder andere passende Passage, was genug Einschüchterung bewirkte, daß alle brav gehorchten.

Eine offene Diskusssion aller, was man nun tun solle, führte dazu, daß die Apokalyptiker und die Chronisten für einen schnellstmöglichen Aufbruch waren, während die Schrotter ihr Zeugs nicht im Stich lassen wollten und die Saraeli meinte, daß es geradezu die Pflicht eines guten, gottesfürchtigen Menschen sei, die Schwachen und in Not Geratenen zu beschützen – weshalb sie mit ihren Leibwächtern hier bliebe und das auch von allen anderen erwarte. – Man blieb also im Ort (offiziell – während inoffiziell Chronisten und Apokalyptiker für sich planten mittels des uralten Kraftfahrzeugs zu verschwinden).

Der Saraeli gefiel die dominante Art des Richters sehr gut und sie ließ ihn mit ihrer Überzeugungskraft von allen Anwesenden zum Kommandeur aller hier versammelter Überlebender während der aktuellen Notlage ernennen. – Damit hatte der Richter das Kommando (paßte auch, da er ja eine Menge Anführer-Talente hatte).

Alles hört auf mein Kommando! – Ach, der nun wieder…

Die Beerdigungen gingen langsam vonstatten und so ging der Tag zur Neige. An besonderen Verteidigungsmaßnahmen wurde kaum etwas ergriffen. Einzig die Idee Wachtposten auf der Balustrade aufzustellen, fand einigermaßen Gehör. –  Die Sipplings-Kriegerin hatte mittels Drahtschlingen eine fiese Falle kurz vor dem Eingang in den Heizturm unter den Staub gelegt – aber dies netterweise allen Anwesenden mitgeteilt, auf daß niemand unachtsam reintreten möge.

Während die meisten anderen am Beerdigen/Verscharren der Leichen waren, untersuchte der Apokalyptiker erst alleine die Werkstatt-Bauten und fand dort allerlei interessantes Werkzeug, den rostigen, aber fahrbereit wirkenden Unimog, aber kein Anzeichen dafür, wo dieser Ort seine REICHTÜMER versteckt haben mochte. – Das lies ihn nicht zur Ruhe kommen und er ging mit dem Chronisten nochmal zum Werkstattbau mit dem Unimog. Der Chronist bemerkte, daß der Wagen für einen schnellen Aufbruch ungewöhnlich, weil seitlich zum Tor, stand.

Inzwischen bezogen die drei Schrotter und der Richter Wachtposten auf der Balustrade. Dort entdeckten sie ein oder zwei Sipplinge, die knapp über einen Hügelkamm im Norden des Ortes zu erkennen waren und offensichtlich den Ort beobachteten. (Viel zu gute Wahrnehmungs-Würfe!) Etwas später fielen zwei weitere Sippling-Kundschaftergruppen im Südwesten und Südosten auf. – :shell war eingekreist. Hier kam keiner mehr unentdeckt heraus!

Währenddessen kam die Idee auf, daß der Chronist doch beim Unimog ein wichtiges Bauteil ausbauen möge, so daß nur die Heldengruppe darüber entscheiden kann, ob und wann sie mit dem Wagen abhauen – nicht daß irgendeiner der anderen den Wagen nimmt und alle anderen in der Scheiße sitzen läßt. – Nur, so die weiteren Überlegungen, was, wenn es den Chronisten zerlegt oder er (die Lusche, als die er bislang aufgetreten ist) von den Gegnern einfach verschleppt wird?  – Das überzeugte durch Beunruhigung und man unterließ das Manipulieren am Unimog.

Der Richter ließ es sich nicht nehmen dieweil jeden einzelnen einem kurzen Verhör zu unterziehen und so ein Bild des Überfalls zu gewinnen. Es waren ca. 30 Sipplinge beim Überfall beteiligt. Einige wenige kamen durch die Gegenwehr der drei oder vier Dutzend Schrotter um, aber die meisten Schrotter wurden brutal niedergemacht. Wer sich als zu gefährlich erwies, der wurde erschossen, offensichtlich mit einer 9mm-Maschinenpistole modernster Art. Das ist ungewöhnlich – selbst für technikbenutzende Sipplinge!

Bei dem Überfall soll ein kleiner, verkümmert wirkender Mann mit durchdringender Stimme das Kommando gehabt haben. Er war es, der mit einer der selten anzutreffenden Maschinenpistolen geschossen hatte – jedoch nur Einzelschüsse, wie die Befragung ergab. Manche gaben an, daß der kleine Mann einen hünenhaften Leibwächter hatte, der für einen Sippling außergewöhnlich groß und stark war. – Die Aussicht mit nicht ganz 10 Verteidigern (davon die Hälfte minderkompetente Extras) gegen 30+ Angreifer plus Kommandeur und dessen Leibwächter anzutreten, sah nicht gerade rosig aus. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, den Wagen zu nehmen?

Neugierigerweise war später noch einmal der Apokalyptiker in der Werkstatt, wo ihm auffiel, daß der Wagen mit der schweren Hinterachse auf einer Art Falltüre im Boden steht, die mit einem SEHR modernen und komplizierten Schloß gesichert war.  – Jetzt sollte man jemanden haben, der sich aufs Schlösser Öffnen versteht. – Der Apokalyptiker sah sich das Schloß mal genauer an. Nachdem es recht komplex aussah, wollte er das Öffnen nicht riskieren (Feigling!) und überlegte, ob er diese Falltüre aufstemmen könnte. Nachdem das auch nicht die beste Idee war, ging er wieder zum Heizturm.

Nach einigen Diskussionen mit dem Apokalyptiker-Pärchen, der immer weniger ansprechbaren, immer mehr zu einem „Gemüse“ werdenden Chronistin und anderen wollte der Apokalyptiker diesmal in Begleitung der Spitalierin nochmal zur Werkstatt mit dem Unimog gehen. – Irgendwie zog dieses Gebäude gleich mehrere Charaktere magisch an.

Es ist still. Fast ZU still…

Inzwischen brach die Dämmerung über den Ort herein (-1 Abzüge auf so gut wie alles sichtrelevante wegen schlechter Lichtverhältnisse). Apokalyptiker, die Spitalierin dicht auf, ging um die Ecke zum Eingang der ihm inzwischen wohlvertrauten Werkstatt, als er ein verdächtiges Geräusch hörte (die Sipplinge schlichen sich im „Schatten“ der Gebäude mit einem verdammt guten Heimlichkeitswurf an, aber die zwei Steigerungen auf dem Wahrnehmungswurf des Apokalyptikers konnten sie nicht schlagen – die Wachtposten auf der Balustrade hatten jedenfalls nichts mitbekommen).

Zwei wild bemalte Sipplingskrieger schlichen gerade an genau der gegenüberliegenden Ecke der Werkstatt herum, als die beiden Helden anspaziert kamen. Sogleich gab es den „Sonnengruß“ – ein Wurfeisen in die Fresse! – Bei der kurzen aber heftigen Keilerei vor der Werkstatt erwischte es den Apokalyptiker heftig. Er hatte trotz aller Gunst der Schicksals-Pheromantin (Bennie-Einsatz zum Soaken) noch zwei Wunden abbekommen. Mit seiner Harpune konnte er einen Sippling nur ankratzen. Die Spitalierin stellte sich mit ihrem Spreizer vor ihn und lies den Gegner kommen – und verpaßte ihm einen finalen Einlauf durch die Brust. – Laut „Alarm! Sie kommen!“ rufend schleppten sich Spitalierin und Apokalyptiker zu den Doppeltüren des Heizturmes zurück, auf daß man sie nicht aussperren möge.

Während die beiden verzweifelt versuchten – ohne in die Drahtfalle zu treten – zum Eingang zu kommen, tauchten im Dämmerlicht mehr und mehr finstere Gestalten auf. Insgesamt wohl ein gutes Dutzend oder mehr Sipplinge, darunter ein echter „Schrank“ mit einem riesigen Vorschlaghammer und ein kleiner, seltsam wirkender Kerl, der mit einer modern wirkenden Knarre herumfuchtelte.

Gebt uns, was wir wollen, und keinem passiert etwas!

Überall hinter den Gebäuden waren nun schnelle Schritte zu hören, waren huschende Körper zu sehen. Aus mindestens drei Richtungen kamen die Gegner hervorgequollen. – Ein paar Sipplinge setzten sich nun vom runtergebrannten Lagerhaus, wo sie mit ihrem Anführer und dessen starkem Mann in Deckung lagen, mit hoher Eile sprintend in Richtung auf den Heizturm in Bewegung. Während seine Leute noch „manövrierten“, rief der Führer der Gegner dem auf der Balustrade klar als Anführer und Kommandeur erkennbaren Richter zu: „Wir wollen nur den zweiten Chronisten. Gebt ihn uns, und keinem passiert etwas! Versprochen!“. – Ein Vorschlag, denn der Richter mit einem Schuß aus der Muskete in den Bauch eines sich heranarbeitenden Sipplings quittierte. „Friß Blei!“.

Damit waren die diplomatischen Verhandlungen beendet.

Killerphrasen, Kaliber 9mm

Nachdem der Richter der wohl kompetenteste Gegner schien – aus Sicht des kleinen Mannes, des Anführers des Sippling-Trupps – nahm er seine Maschinenpistole und jagte munitionsvergeudenderweise satte drei Schuß auf den Richter. Zwei davon trafen auch, einer SEHR satt, der andere satt genug – Folge: Der Richter ging erst einmal mit drei Wunden in die Knie (und hatte dabei noch Glück, daß er mit seinem letzten Bennie eine der Wunden vermeiden konnte, denn sonst wäre er Außer Gefecht gewesen – gleich zu Anfang der Keilerei!).

Einer der voranstürmenden Sipplinge hatte ja vom Richter schon einen Schuß verpaßt bekommen, der ihn angeschlagen nach vorne taumeln ließ, die anderen beiden nicht. Und so warfen sie ihre Wurfeisen, von denen eines Grotendorst mitten ins Gesicht traf, so daß er durch das viele Blut für eine geraume Zeit angeschlagen herumjammern sollte – leider war er dadurch zu nichts Sinnvollem mehr fähig. – Der riesige Muskelberg mit dem großen Vorschlaghammer ging den Sipplingen hinterher – und zwar so, daß er zwei Sipplinge vor sich als Deckung hatte. – Das sollte sich als ausgesprochen nützlich erweisen, weil einer von den beiden einen Schuß abfing, der ohne diese leichte Deckung den Hünen getroffen hätte (man merkte auch stark die -1 Abzüge wegen der einsetzenden Dämmerung, da geht schon öfter mal was knapp daneben).

Somit stürmte ein Sipplingstrupp auf die mit Balken gesicherte Doppeltür zum Heizturm zu, darunter der brutal starke Hüne mit dem Vorschlaghammer zum Einschlagen dieser Tür. Innen an der Türe gingen dieweil die Jehammedaner-Säbelschwinger in Stellung um alles, was durchkommen mag, niederzumetzteln. Die Sippling-Kriegerin ging auf die Balustrade, während die Spitalierin den jammernden Apokalyptiker ablegte (leider war ihm mangels magischer Heilung in diesem Setting nicht schnell zu helfen, so daß zwei Wunden gleich zu Anfang auch bis zum Ende des Kampfes unbehandelt bleiben werden). – Das war die eine Front. Doch wie sah es auf der anderen, gegenüberliegenden Seite der Balustrade rund um den Heizturm aus?

Lohn des Heldentums

Am anderen Ende von :shell kamen hinter der zweiten Werkstatt und zwischen und hinter den Barracken zwei weitere Horden Sipplinge hervor. Die Verteidiger hatten so eben gerade ihren Kommandeur, den Richter, durchsiebt und mit Blutfontänen aus seinem Mantel schießend zu Boden gehen sehen. Das hob ihre Kampfmoral nicht so sehr (hier greift in allen meinen Runden eine Hausregel, daß ein Anführer nur im Nicht-Angeschlagen Zustand seine Anführer-Talente einsetzen kann – solange er also blutend an der Metall-Balustrade hängt, fallen seine Anführer-Talente für seine Untergebenen weg.). – Zudem stellten sich die Schrotter mit ihren Schottgewehren als nicht gerade gute Schützen dar (-1 wegen der Dämmerung und nur W6 Schießen machte die Trefferquote doch eher gering – und dann noch das lahmarschige Nachladen!).

Da faßte sich der Chronist, seinen Tesla-Emitter wieder voll aufgeladen, ein Herz, stieg zum hinteren Aufgang von innen auf die Balustrade und schoß auf zwei unvorsichtig um das zweite Werkstattgebäude kommende Sipplinge. Einen davon (wieder unter Aufbringung von Bennies!) erwischte er so, daß es diesem schier den Kopf mitten im Lauf zum Platzen brachte. – Da hörte man im kruden Dialekt der Sipplinge die Rufe „Da! Das is einer! Den nehmwa mit! Auf ihn!“. – Da stand nun der Chronist und war begehrtestes ZIELOBJEKT für ca. zwei Drittel der heranstürmenden Sipplinge!

Die Sipplinge kamen herangesprintet (Sprinten-Aktion) und die ersten, die es gerade bis zum Fuß des Turmes schafften, stützten sich am Turm ab und erlaubten es so den Nachfolgenden an ihnen hochzuklettern (mit -2 wegen Mehrfachaktion natürlich). Ehe sich’s der Chronist versah waren rechts und links von ihm die ersten Sipplinge auf der Balustrade, die Schrotter hatten ihre Wummen gerade leergeballert und er verspürte den dringenden Drang Wasser zu lassen.

Währenddessen nutze die Sipplings-Kriegerin die Reichweite ihres Speeres aus und spießte einen der Sippling-„Kletterer“ auf und warf den zappelnden Sterbenden mit einem Schwung des Speeres über die Balustrade in das Knäuel seiner Stammeskumpels. (Krass hoch explodierender Schaden!)

(Erkenntnis bei der Nachbesprechung: Die Spieler hatten zum einen die „Effizienz“ der Schrotter-Extras im Kampf höher eingeschätzt, als es solche minderqualifizierten Schützen bei einsetzender Dämmerung bieten konnten. Und zum anderen hatten sie unterschätzt, daß – einen glücklichen Sprint-Würfel-Wurf vorausgesetzt – doch einige der Sipplinge binnen einer einzigen Runde aus leichter oder mittlerer Deckung bis ran an den Turm sprinten und z.T. sogar noch hochklettern konnten. Das ging so schnell, daß eine dicke Traube Sipplinge genau rund um den Chronisten unterhalb und auf der Balustrade versammelt war – und nächste Runde würden die ALLE hochklettern bzw. erst einmal mit Wurfeisen die Verteidiger „weichkochen“. – Ich dachte, jetzt gewinnen meine „Jungs“! Ich überlegte schon, wie ich das Gemetzel am Besten nach innen in den Turm verlagern könnte, um möglichst viele der NSCs – und der SCs – umzulegen.)

To Burn or not to Burn …

Währenddessen war der Apokalyptiker etwas gefrustet, weil er zwei Wunden eingefangen hatte, die ihn mit seinen eher mäßigen Kampffähigkeiten noch schlechter aussehen lassen werden.  Was sollte er tun? – Da fiel ihm ein, daß Glorie-Burn ja einen positiven Effekt auf alle körperlichen Aktivitäten hat – ob Knattern oder Kloppen, alles geht besser mit Glorie. So verschaffte er sich eine Dosis und nahm sie ein – mit dem mulmigen Gefühl, daß die Molluske der Spitalierin, die sich gerade auf den Weg zur „Tor-Front“ machte, verdächtig bzw. entlarvend zucken könnte. Man weiß ja, wie „nachsichtig“ Spitalier sind, wenn es um Versporung geht.

So nahm er seine Dosis und fühlte sich alsbald körperlich deutlich leistungsfähiger. (Hier hatte ich einen FEHLER gemacht! Mir ist entfallen, daß Burn erst einmal für mehrere MINUTEN den Charakter schlapp und zur Lusche macht, bevor der „Kick“ kommt. Damit wäre es aber völlig SINNLOS gewesen überhaupt Glorie-Burn anzuwenden, weil es zum Einsetzen der Wirkung länger gebraucht hätte, als der ganze Kampf gedauert hat, und weil man ja nicht schon eine Stunde im voraus weiß, wann genau die Gegner sich anzugreifen bequemen werden. – Als „Kampfdroge“ taugt es nach den Verrohungs-Regeln nicht viel. Aber dieses eine Mal schon.)

Die gesamte Transaktion samt Reinpfeifen der Dosis dauerte mehrere Runden, in denen an beiden Fronten tragische Dinge passierten.

Knock! Knock! – Who’s there?

An der „Tor-Front“ taumelte der angeschlagene Sippling vom Schwung seiner Kumpels mitgerissen direktenwegs in die Drahtschlingenfalle der Sipplings-Kriegerin. Und hing darin fest. Er blieb angeschlagen, konnte sich somit nicht mit einer Aktion befreien, und war nun räumlich festgenagelt. – Nicht so seine Sonnenanbeter-Freunde. Diese stürmten weiter vor, schleuderten – leider vergeblich – einige ihrer Wurfeisen, und machten den Weg frei für den Sipplings-Hünen mit dem Vorschlaghammer.

Der kam auch sogleich am Tor an und schmetterte seinen Hammer gegen das verbarrikadierte Doppeltor – mit kaum mehr als ein wenig Dröhnen in den Ohren der Verteidiger. (Schadenswurf war außerordentlich gering – normalerweise hätte der Haltebalken durch sein müssen.)

Der Schlag auf das Tor war der Moment, wo die überaus panische Chronistin Vesa endgültig mit den Nerven runter war und einen Zusammenbruch erlitt. (Es fehlten einerseits die Spielwerte für die Chronistin, aber das war andererseits auch ganz gut so, da sie sonst eventuell dem SC-Chronisten die Schau gestohlen hätte. So hatte ich sie einfach zusammenklappen lassen und gut war’s.)

Der Richter mühte sich, inzwischen nicht mehr angeschlagen, hoch und versuchte die Schrotter zu koordinieren, doch die waren mit Nachladen und „Nahkampfvermeidung“ beschäftigt, während die Sipplinghorde an der „Chronisten-Front“ den Turm hochquoll. – Aber die Spitalierin kam gerade auf die Balustrade, hörte den „Gong-Schlag“ des Sippling-Hünen und beschloß diesem aufgeblasenen Kerl mittels Spreizer die Luft rauszulassen. Wie gut, daß der Spreizer größere Nahkampfreichweite hat, denn so konnte sie den Brocken mit dem Vorschlaghammer in Händen erreichen, er sie aber (vorerst) nicht.

HÖLLE und Verdammnis, war die Spitalierin gut! Sie jagte dem Sippling-Hünen einen solch gewaltigen Stich mit dem Spreizer rein, daß dieser (nach Ausgabe seiner beiden Wildcard-Bennies! ) mit zwei Wunden da stand – und gleich zum Berserker wurde! (Damit spürte er seine Wundenabzüge nicht mehr! – Ich hatte bei der Szenario-Vorbereitung Magog, den starken Sippling, als Extra für verschwendetes Potential gehalten – daher hatte ich ihn als Wildcard eingestuft, was auch genau passend war.)

Nachdem die Spitalierin seinen besten Mann beinahe umgelegt hatte, fing der kleine Mann mit seiner Maschinenpistole mal an in aller Ruhe auf die Spitalierin zu zielen – damit auch möglichst jeder Schuß ein Treffer werde!

Blow my ears, the Chronistman said

Der Chronist als Mittelpunkt der „Aufmerksamkeit“ eines ganzen Knäuels an Sipplingen, eingemischt ein paar Schrotter und die Sippling-Kriegerin, die er ja als seine Leibwächterin – zugegeben nur BIS :shell – angeheuert hatte. – Das war ein wenig zuviel des „Guten“. Daher zog der Chronist die Bremse. – Er aktivierte seinen Vocoder und jagte eine geballte Schockwelle an Schall, ausgehend von ihm als Mittelpunkt des Effektes, unter die Leute. (Anfangs zögerte der Spieler, als er sah, daß er damit auch seine Verbündeten erwischen würde, aber ein aufmunterndes „Irgendwas is immer…“ nahm ihm die letzten Skrupel.)

Das war ein echter Wendepunkt!

Er erwischte zwar auch eigene Leute, namentlich die Sipplings-Kriegerin, aber ein großer Teil der auf oder an der Balustrade hängenden Sipplinge war angeschlagen und hielt sich die schmerzenden Ohren! – Und darüber hinaus: Die Sipplings-Kriegerin war auch angeschlagen – was ihre Berserker-Raserei aktivierte und sie noch wüster attackieren ließ als eh schon vorher.

Als sich die Verteidiger zuerst von diesem für alle unerwartet effektiven Schock erholten, fingen sie sogleich an die Angeschlagenen der Sipplinge oben auf der Balustrade zu metzeln. Die Saraeli entsandte einen ihrer Leibwächter zum Schutze der „Chronisten-Front“ und den anderen auf die Balustrade zur „Tor-Front“. Sie sollten töten, was zu töten war. – Die Sipplingskriegerin stach mit ihrem langen Speer auf Sipplinge, die hochzuklettern versuchten, nachdem sie ihren Schock überwunden hatten. Sie hielt unter ihrer Raserei ein wahres Blutgericht unter den Sipplingen.

Rapunzel, laß mir Deinen Spreizer runter!

Währenddessen am bzw. über dem Tor. Der berserkierende Sippling-Hüne schwang sich über den Rücken eines seiner Mit-Sipplinge auf die Balustrade und wollte der Spitalierin eine „Kopfgeburtserfahrung“ verpassen, indem er ihr den Schädel zum Becken raus prügeln wollte. Dummerweise ist die Spitalierin kampferfahren und beherrscht den Erstschlag – der auch dem Sippling voll in die Brust fuhr, als er noch mit dem Vorschlaghammer ausholte. Dieser Treffer ließ ihn eher kalt (einerseits wegen des Spielleiter-Bennies zum Vermeiden, andererseits bekommt er ja eh keine Wunden-Abzüge während er berserkiert). So prügelte er nach Erhalt des Treffer mit aller Gewalt auf die Spitalierin ein (keine Wundenabzüge, +2 Rücksichtsloser Angriff und +2 Berserker, -1 schlechte Sicht, – 2 Mehrfach-Aktions-Abzug wegen des Kletterns in dieser Runde macht +1 zum Treffen und +4 auf die eh schon 2W8 Schaden, und eine Parade mit -2 Berserker, -2 Rücksichtsloser Angriff, – 1 Vorschlaghammer, also eine von effektiv 1; die Spitalierin hatte eine Parade von 6 mit dem Spreizer – somit brauchte er mit W8 Kämpfen und Wildcard-Würfel eine 5 oder mehr, also 83% Chance ).

ER TRAF NICHT!

(Das war echt SCHEISSE! Ich wollte diese lästige Spreizer-Schwingerin nach allen Regeln der Kunst zerlegen! – Der Spieler feixte mir ins Gesicht und provozierte mich ohne Ende. Da gab es nur eines! Ich habe meine letzten vier Spielleiter-Bennies eingesetzt! – ALLE! Und erst beim letzten hatte ich einen normalen Treffer hingelegt! – Wie gesagt, PRO BENNIE eine 83% Chance! Normaler Wurf UND VIER Bennies! – Wie scheiße! – Verdammte „Freak-Rolls“! Das System ist einfach ZU tödlich! Da haben SCs keine Chance!)

Zumindest sah es so aus, als würde er nicht treffen, aber mit einem gekonnten Schwung aus der Hüfte erwischte er die Spitalierin doch noch so, daß sie angeschlagen war. (Scheiße! Scheiße! Scheiße! – Dafür ALLE Bennies rausgehauen! Scheiße!)

Die Spitalierin erholte sich wieder und ging sofort auf den Hünen mit dem Spreizer los. Dessen Verteidigung war nun kaum mehr existent, so sehr hatte er sich verausgabt. Mit einem satten Treffer (mit Steigerung!) jagte sie ihm den Spreizer da rein, wo es richtig weh tat – und löste die Spreiz-Ladung aus!

Das Geräusch eines ausgeweideten Muskelmannes hallte über das für Sekunden innehaltende Schlachtfeld.

Dann fiel der Hüne um, noch nicht ganz tot, aber seiner Stärke für immer beraubt und ausblutend.

Massaker

Der Chronist – selbst etwas erstaunt über den herausragenden Erfolg seiner letzten Aktion – nahm den Tesla-Emitter und jagte in die größtenteils noch angeschlagenen Sipplinge vor ihm gleich drei Schuß hochbeschleunigte Metallteile – mit dem Erfolg, daß er zwei Sipplinge auf der Stelle tötete und einen dritten angeschlagen schoß.

Die Sippling-Kriegerin metzelte sich mittels ihres Speeres durch einen weiteren unglücklichen Sippling, und sogar ein Schrotter traf einmal – für einen weiteren Angeschlagenen Gegner.

Inzwischen waren die Reihen der Sipplinge auch sichtbar ausgedünnt, über die Hälfte war tot oder lag im Sterben. Doch ihre Kampfmoral hielt (ich hatte Mumm-Würfe für alle machen lassen, die noch standen: ALLE hatten ihre Mumm-Würfe mit Bravour geschafft, bis auf das arme Schwein, daß dauerhaft Angeschlagen in der Drahtschlinge festsaß. Der war der einzige der GERNE weg wollte, aber leider nicht konnte!).

Der Richter macht kurzen Prozess

Trotz dreier Wunden versuchte der Richter seine Muskete schnell zu laden und sofort zu feuern (mit -3 durch Wunden, -2 für Mehrfachaktion und -1 wegen schlechter Lichtverhältnisse), um die Schrotterin Agfa vor einem nicht vom Schockeffekt des Chronisten betroffenen Sippling zu schützen – doch ging der Schuß fehl! Und so mußte der Richter mitansehen, wie der Sippling mit einer kruden Klinge die Schrotterin durchbohrte. Sie ging zu Boden (besser: Metallrost) und ihr Blut regnete an der Turmseite herab.

Der Sippling konnte sich nicht lange an seinem Sieg erfreuen, da ihm der eine Jehammedaner mit dem Säbel den Kopf von den Schultern hieb.

Auf der Tür-Seite hatte sich Grotendorst noch immer nicht von seinem anfangs erhaltenen Treffer mit dem Wurfeisen erholt, aber auch der angeschlagene Sippling in der Drahtfalle hing immer noch angeschlagen dort fest. Er kam und kam nicht raus und zappelte in seiner Panik umher, ohne seinen Kampfgeist wiedergewinnen zu können.

Der zweite Jehammedaner konnte noch einen Sippling am Tor-Bereich der Balustrade niederstrecken, während ein weiterer auf den Richter, dessen Muskete nur noch als Knüppel taugte, zustürmte.

Doch da war – endlich! – der Apokalyptiker zur Stelle und warf dem heranstürmenden Sippling seine Harpune in die Kehle. Einer weniger, der eine große Klappe riskiert. (Der Effekt des Burn-Würfels anstatt des Wildcard-Würfels war schon spürbar – er half die -2 Abzüge durch die zwei Wunden etwas zu mildern.)

Payback is a 9mm in the back!

Der zielende kleine Mann mit der Maschinenpistole bekam seine einzige Chance sich an der Spitalierin, die ihm seinen besten Mann ausgeweidet hatte und dessen Aufsprengen des Tores verhindert hatte, zu rächen.

Als die Spitalierin wieder über die Leiter von der Balustrade nach innen in den Turm gehen wollte, schoß er  – und sparte nicht mit der teuren Munition! – Mit dem sorgfältigen Zielen konnte er den Einfluß der Dunkelheit und der Deckung auf der Balustrade grade mal kompensieren – und daher traf er nur mit Mühe (nach Bennie-Einsatz seiner beiden Wildcard-Bennies!) mit gerade mal einem Projektil. Das verpaßte der Spitalierin eine Wunde, die sie angeschlagen ins Turminnere wanken ließ.

Säuberung

Dieweil jagte der Chronist den schon angeschlagenen Sipplingen auf seiner Seite des Turms noch einen Satz Projektile entgegen (und damit war sein Tesla-Emitter auch so gut wie leergeschossen). Einige Angeschlagene blieben sterbend liegen, der Rest zog sich jetzt doch langsam zurück, warf noch – eher halbherzig – ein paar Wurfeisen und bekam von der Sipplings-Kriegerin ebensolche zurückgeworfen. Aber bei der Dunkelheit und den Distanzen traf nichts mehr so richtig.

Die verbliebenen Sipplinge vor dem Tor zogen sich sprintend zurück – in die Richtung, in welcher ihr Anführer, der kleine Mann, nach seinem Schuß auf die Spitalierin auch schon abgehauen ist.

Es entkamen insgesamt vier Sipplinge und ihr Anführer. Alle anderen blieben auf der Strecke, bis auf einen: Der arme Wicht, der angeschlagen in die Drahtfalle getappt ist, wurde gefangen genommen.

Dem ausblutenden Hünen schnitt man die Kehle durch, daß er garantiert nicht mehr aufstehen möge.

Die niedergestochene Schrotterin überlebte schwer verletzt und gesellte sich zu den drei anderen Schrottern, die vom morgendlichen Angriff schwer verletzt bereits versorgt wurden.

Was vom Tage übrig blieb

Nachdem sich die Spitalierin erst einmal selbst versorgt hatte (Arzt, heile Dich selbst!), flickte sich den Apokalyptiker und den Richter wieder zusammen. Dann kümmerte sie sich um die zusammengeklappte Chronistin.

Die Saraeli half so gut es ging Ordnung unter den Verteidigern zu schaffen. Sie sprach mit dem zusammengeflickten Richter und verkündete ihm, daß er aufgrund seiner Tapferkeit und Standfestigkeit, sowie seiner Tugendhaftigkeit für immer ein Freund ihrer Familie sei (Talent Beziehungen zur Familie von Sibel als Geschenk).

Damast, die Apokalyptikerin, die sich während des Kampfes mit ihrem Begleiter Mero fein rausgehalten hatte, verriet dem Apokalyptiker-Helden ein geheimes Kennwort, mit dem ihm die besonderen Dienstleistungen ihrer Schar zum halben Preis zuteil werden können. Und sie verlangte keine Bezahlung für die Burn-Dosis – jedenfalls keine in Chronisten-Wechseln.

Nachdem sich Vesa, die ansässige Chronistin, wieder gefangen hatte und realisiert hatte, daß sie NICHT verschleppt wurde und aufgrund der Niederlage der Angreifer vermutlich auch nicht so bald wieder Ziel einer solche „Operation“ sein dürfte, trug sie alle Helden der Gruppe in die Datenbank mit „vertrauenswürdigen Personen für besondere Einsätze“ ein. Und gab jedem 1000 Chronisten-Wechsel!

Da soll noch mal einer sagen, den HELDEN spielen lohne sich nicht in der Welt nach dem Kometen!

Spoiler-Entwarnung! Ab hier ist die Spoilerbelastung unter dem Grenzwert von 100 milli-Spoilsport pro Absatz. – Wer bis hierhin schnell heruntergescrollt hat, sollte nur eine nicht spaß-lethale Dosis abbekommen haben.

Nachbesprechung

Das Feedback nach dieser Runde Degenesis:Verrohung war durchweg sehr positiv. – Manche der Spieler hatten so erstmals Savage Worlds in einer Rasanz in Aktion erlebt, daß sie Lust bekamen das weiter zu spielen bzw. ihre schon angeschaffte, aber bislang ungelesene (Was????) SW-GE-Ausgabe endlich einmal durchzuarbeiten und zu spielen.

Die beiden Degenesis-Kenner äußerten keinerlei „Widersprüche“ gegen meine Darbietung der Degenesis-Welt, auch wenn diese Welt bei mir eben eine Welt der HELDEN ist, die eben kompetent, markant und weltbeeinflussend auftreten.

Witzigerweise hielten alle (ich inklusive) den Chronisten-Charakter für eine LUSCHE  (nicht den Spieler!, sondern den Charakter, denn der Spieler hatte wirklich VIEL Pech mit seinen Würfeln). – Aber als er am Schluß mit dem Vocoder und dem Tesla-Emitter loslegte, da hatte er auf seiner Seite der „Front“ das Blatt gewendet.

Auch die Spitalierin hatte ORDENTLICH die Rolle des Combat-Medic – mit gleichen Teilen Combat und Medic – ausgefüllt.

Generell kamen die vorgenerierten SCs gut an. Sie paßten zum Setting, zum Abenteuer und zu den Spielern. – Mehr kann man sich eigentlich nicht wünschen.

Was kaum thematisiert wurde, waren die Querelen zwischen den einzelnen Degenesis-„Kulten“, der Gruppierungs-Zwist. – Ein wenig kam zwischen Jehammedanern und Apokalyptikern ungute Stimmung auf, die Sipplings-Kriegerin hatte an ihrem Außenseitertum bei den Schrottern zu leiden, und die Chronisten haben dauernd untereinander gemauschelt, während der Richter meinte, daß er alle herumkommandieren könnte – bis auf die Spitalierin (Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt!).

So SOLLTE es sein, wenn eine Gruppe aus miteinander VERTRÄGLICHEN Spieler-Charakteren besteht.

Das nimmt Degenesis das große Problem der „Attack-on-Sight“-Feindschaften vieler Gruppierungen, welche nicht mehr für das Gruppenspiel taugliche SC-Gruppen hervorbringen. SCs, die sofort nach Spielsitzungsbeginn auseinander laufen, weil sie einander sonst umlegen müßten, kann ich gar nicht gebrauchen.

Dieser neue Trend, bzw. die neue Absicht mehr auf Gruppenspieltauglichkeit bei Degenesis-Settingdarstellung zu achten, ist eine gute Entwicklung, finde ich. – Und das hat Valentin Maier in Degenesis: Verrohung gut gelöst.

Alle Spieler waren zufrieden. Ich war – auch zufrieden, auch wenn ich die Spitalierin hätte umlegen wollen!

Vor allem hatte jeder bekundet, daß es mittendrin wirklich so aussah, als würden es wirklich BÖSE für die SCs ausgehen. So hatte ich das auch erwartet. – Daß die Situation so sehr gekippt ist, war aber nicht nur eine Folge guter Würfelwürfe, denn auch die SCs hatten ja anfangs einstecken müssen (der Richter sehr, aber auch der Apokalyptiker). Was eher den Ausschlag gab, war das konsequente und einander unterstützende Agieren in Kampfszenen. Hier hätte man noch einiges mehr herausholen können durch Trick-Manöver und Willensduelle, aber für Regelsystem-Neueinsteiger war das schon sehr findig und vielseitig gespielt, finde ich.

Mit Savage-Worlds-erfahrenen Spielern, die mit Karten-Initiative und Wildcard-Würfel schon lange souverän umgehen, könnte man das Szenario statt in ca. viereinhalb Stunden auch in drei Stunden durchspielen, da dann die diversen Erklärungs-Einlagen am Anfang zu den Charakteren und zu den Grundmechanismen der Regeln, sowie auch mal mittendrin zum Ablauf von Kampfrunden usw. wegfallen.

Mein persönliches Fazit aus diesem „Streßtest“

Degenesis: Verrohung hat schon noch ein paar Punkte, an denen man etwas feilen kann. Diese hatte ich ja im Degenesis-Forum im Reloaded-Bereich aufgeführt.

Aber der von mir verwandte Stand ist schon – mit nur wenig eigenem Herrichten – komplett spielbar.

Das One-Sheet „Menschenjagd“ könnte ein paar kleine Ergänzungen bzw. Klärungen vertragen, die ich hier im Spielbericht-Teil im Detail angesprochen habe.

Die Beispiel-Charaktere hätten noch ein wenig mehr Ausrüstung und im Detail ein wenig andere Fähigkeiten vertragen. Aber das kann man ja als Spielleiter bzw. Spieler derselben schnell ändern. – Vor allem, daß nicht jeder über Geld verfügte, und keiner Nahrungsmittel und Dinge des täglichen Bedarfs besitzt, war etwas verwunderlich, aber nicht tragisch.

Mir macht Degenesis: Verrohung einen ENORMEN Spaß!

Und das nach meinem „Scheiße und Doof“-Urteil vor ein paar Jahren!

Das hätte ich selbst nicht erwartet! So gesehen hat sich für mich schon die Arbeit von Valentin Maier und meine (kostbare) Zeit, die ich in die Faltfiguren usw. gesteckt hatte, um die Runde vorzubereiten, wirklich gelohnt.

Übrigens: Ich werde dieses Degenesis:Verrohung-Szenario auch als Spielrunde auf der RPC anbieten, Samstag 13 bis max. 17 Uhr. Für genau fünf Spieler. Die Runde ist schon bei den RPC-Spielrunden angemeldet. Wer also Lust hat und schnell genug am Aushang ist, ist herzlich eingeladen meine Interpretation der Welt von Degenesis zu erleben.

Aufruf  an alle, die zuviele Degenesis-Publikationen daheim haben:

Degenesis:Verrohung wird sicherlich bei mir nicht Engel oder MADDRAX oder Gamma World oder Deadlands: Hell on Earth als Endzeit-Rollenspiele verdrängen – aber es gefällt mir überraschend viel besser in seiner „verrohten“ Fassung, als in der Original-Fassung. – Und das hebt meine Lust etwas mehr als nur das Grundregelwerk von Degenesis zu lesen. – Doch möchte ich nicht die vollen Preise einer Neuerwerbung der Degenesis-Bücher investieren (gäbe es die Degenesis-Publikationen als Kauf-PDFs hätte ich sie mir zu dem bei PDFs ja deutlich niedrigeren Preis schon gekauft).

Wer sich also von seinen Degenesis-Publikationen (außer dem Grundregelwerk und dem Spielleiterschirm) trennen möchte, und wer dies für einen GÜNSTIGEN Preis tun möchte, der möge mir bitte eine private Nachricht in einem der einschlägigen Foren, in denen ich regelmäßig unterwegs bin oder eine E-Mail z.B. hier via Kontakt-Formular zukommen lassen.

Ich bin aktuell am meisten an der Degenesis-Kampagne „Nichtfraktal“ interessiert, heiße aber auch Angebote für alle anderen Publikationen (außer den Spielleiterschirm und das Grundregelwerk) willkommen.

 

Nachtrag zur Degenesis:Verrohung-Spielrunde auf der RPC 2011:

Hier sind die Beispiel-Charaktere in meiner Überarbeitung für die RPC-Runde zu finden:

RPC2011-Spielrunde_Verrohung_Beispielcharaktere

Es sind einige Spielwerte etwas anders und ich habe ein wenig mehr Charakterinformationen zu Beziehungen zugefügt, sowie jedem einen Grund gegeben in den Ort :shell des One-Sheets „Menschenjagd“ zu gehen.

Und hier der auf der RPC eingesetzte Bodenplan für das Schrotterdorf :shell (erstellt von Kardohan/Enno mittels Dundjinni).

Bodenplan Schrotterdorf :shell (Übersicht und Zusammenklebehilfe für den Bodenplan.)

 

 

Feedback zu diesem auch für meine Verhältnisse etwas länger geratenen Artikel ist SEHR willkommen. Entweder hier als Kommentare oder im zugehörigen Thread im RSP-Blogs-Forum.

Der D&D-Materialismus als Wurzel des politischen Spiels

König Arthur und Sir Lancelot - von Howard David Johnson

König Arthur und Sir Lancelot - von Howard David Johnson

Im Blutschwerter-Forum hatte jemand nachgefragt, ob bzw. warum es in AD&D (2nd Ed.) nicht beim Erfahrungsanstieg auch automatisch eine Verbesserung der Attributswerte gibt. Das nehme ich mal zum Anlaß etwas über den bei D&D typischen, ja DEFINIERENDEN Materialismus zu sprechen – und welche Folgen dieser für die klassischen D&D-Spielformen hat.

Kompetenz durch Besitz, nicht (nur) durch Können

Da es in AD&D verdammt LEICHT ist einen +1, +2, +3/+5 gegen Werwesen, usw. in Form von gefundenen oder gekauften magischen Gegenständen zu bekommen, erfolgt der Ausbau der individuellen Kompetenz eher über die DINGE, die ein Charakter HAT, und weniger über die FÄHIGKEITEN, die ein Charakter KANN.

Bedenke: Ein +1 Schwert ist – je nach Klasse – schon ein Kompetenz-Anstieg von mehreren Levels beim Kämpfen UND gibt einen Schadensbonus, als wenn die Stärke auch noch effektiv so weit angestiegen wäre, daß ein um +1 höherer Schadensbonus gegeben ist.

AD&D und verwandte Rollenspiele haben eher die Idee, daß ein Charakter sich nur zum Teil dadurch auszeichnet, was er KANN.

Zum Können gehören seine Attribute (also die Eigenschaften, die jeder Charakter besitzt und deren unterschiedliche Quantitäten das „Profil“ der GRUND-Kompetenz des Charakters bestimmen). Und dazu gehört sein Level in seiner Klasse (bzw. seinen Klassen), welche ein ganzes PAKET an Fähigkeiten darstellt (Rettungswürfe, Trefferwürfe, Zauberfähigkeiten, sonstige Fähigkeiten – samt Progression derselben). – All das stellt dar, was der Charakter KANN, wenn er im Lendenschurz rumsteht. Das ist eine Grundkompetenz samt deren Progression mit wachsender Erfahrung.

Andere Rollenspiele setzen beim Kompetenz-Zuwachs vornehmlich (ja z.T. ausschließlich) bei der Grundkompetenz an: Sie sehen vor, daß sowohl die Attribute (und andere Spielwerte) mit Erfahrung wachsen können, als auch andere Fähigkeiten sich verbessern können. Daher ist das Kompetenz-WACHSTUM praktisch NUR vom Anwachsen der GRUND-Kompetenz des Charakters bestimmt.

Bei D&D-verwandten Rollenspielen ist nur die Progression der Klassen-Level mit der Erfahrung wirklich für das GRUND-Kompetenz-Wachstum vorgesehen. Was aber NIEMALS vergessen werden darf: Die GRUND-Kompetenz stellt nur einen TEIL der tatsächlichen Kompetenz eines Charakters dar!

Beispiel: Zwei mit IDENTISCHEN Spielwerten ausgestattete Fighter Level 4 treten gegeneinander an. – Der eine hat eine +1 Plattenrüstung, ein +3 Frostbrand-Langschwert, der andere hat eine normale Plattenrüstung (nicht magisch) und ein Langschwert (nicht magisch). – Welcher von beiden ist kompetenter und wird (wahrscheinlich) gewinnen? – Eben.

Beispiel: Zwei mit IDENTISCHEN Spielwerten ausgestattete Zauberer Level 7 treten gegeneinander an. – Der eine hat nur seine Zauber, die er bei Level-Aufstiegen erworben hat und einen Schutzring +1. Der andere hat mehrere andere Zauberer besiegt und deren Spruchbücher geplündert und verfügt nun über ein breites Repertoire an Zaubern und hat Bracers of Defense AC4, eine +1 Robe, eine Feuerball-Stab mit 34 Ladungen, einen Blitz-Stab mit 12 Ladungen, ein halbes Dutzend interessanter Zaubertränke am Bandolier griffbereit hängen und einen Scroll-Caddy als Henchman, der ihm aus einer Fülle an Scrolls die jeweils passende reicht. – Welcher von beiden ist kompetenter und wird (wahrscheinlich) gewinnen? – Eben.

Sieht man da langsam ein „System“ dahinter?

Genau! – Wer MEHR hat, der kann MEHR machen und ist KOMPETENTER!

Materielle Zugewinne an Kompetenz erfolgen ausschließlich In-Game

D&D-like Rollenspiele bauen auf Individualisierung und Kompetenzentwicklung durch MATERIELLE In-Game-Zugewinne, weit weniger auf „immaterielles“ Kompetenzwachstum durch Attributs- oder Fertigkeits-Verbesserung.

Ein niedrig-stufiger Charakter kann mit entsprechen mächtigen magischen Gegenständen einem deutlich höherstufigen mit geringerwertiger Ausstattung durchaus paroli bieten.

Bei (A)D&D bist Du, was Du HAST (eine Klasse, magische Gegenstände, Henchmen&Hirelings). – Bei anderen Regelansätzen (wie Runequest) bist Du, was Du KANNST.

Interessanterweise führt das bei D&D dazu, daß man sich MEHR darum kümmern MUSS, was man IN-GAME an Charakter-Kompetenz-Unterstützung ergattern kann.

Die passenden Kontakte, Beziehungen, usw. führen zu günstigen Henchmen&Hirelings, die einem das Leben und Überleben erleichtern. Die Abenteuer bringen die Charaktere in den Besitz von UNMENGEN von Wertsachen, die helfen die bestmögliche Ausrüstung, die bestmöglichen magischen Waffen und sonstige Gegenstände zur Kompetenzerweiterung zu erwerben.

Damit ist es viel wichtiger, was alles IN-GAME zusammengetragen wird, als nur auf eine „Erfahrungsgewinn-Regelmechanik“ zu setzen, die essentiell kaum eine In-Game-Einbindung hat.

So gibt es bei RuneQuest diese In-Game-Einbindung nur beim Lernen bei Lehrmeistern, aber für die „Learning-by-doing“-Mechanik gibt es KEIN In-Game-Äquivalent! Bei AD&D gibt es In-Game KEINE „Level“ oder „Klassen“, sondern nur Berufe und Personen mit offensichtlich mehr Erfahrung, Reichtum, besserer Ausrüstung und jeder Menge Gefolgsleute. Man sieht dem Auftreten eines Charakters IN-GAME bereits an, wie kompetent er ist.

Charisma ist in D&D keine „dump stat“, sondern überlebenswichtig

Daran sieht man auch, daß Charisma erst mit D&D 3E zur „dump-stat“ verkommen ist (nur spielerische Nieten hatten früher mit niedrigen Charisma-Werten spielen wollen).

Vor dem rein auf das Fantasy-SWAT-Team, das sich nur öde rumkloppt und auf soziale Beziehungen scheißt, ausgerichteten D&D 3E war es ÜBERLEBENSWICHTIG, daß die SC sich mit Experten, mit Gefolgsleuten, mit treuen Dienern, mit Lehrlingen, mit Leibwächtern, usw. umgaben. Mieses Charisma bedeutet, die Henchmen&Hirelings lassen einen immer genau dann im Stich, wenn man sie am Nötigsten hätte. Daher war ein gutes Charisma überlebenswichtig! Nicht „unwichtiger“ als andere Attribute – und keinesfalls eine „dump stat“.

Name-Level als Umsetzung des Konzepts „Eigentum verpflichtet“

Gerade AD&D 1st Ed. stellt mit seinen Name-Level-Regeln eine gewollte thematische Änderung der Spielweise für höherstufige Charaktere dar. Hier gehen zwei Konzepte zusammen:

„With great power comes great responsibility“ und „Eigentum verpflichtet“

In der D&D-Sicht ist das ein und dasselbe!

Das Materielle, der Besitz eines Charakters, ist das, was ihn über seine Grundkompetenz hinaus MÄCHTIG macht. Und mit mehr Besitz (und dazu zähle ich Henchmen&Hirelings, Followers, Charmed Persons, Sklaven, Nutztiere, einen subdued Dragon, usw. hinzu) hat er einfach mehr MACHT.

Was soll ein solcher Charakter, der eine „punktuelle“ Machtanhäufung darstellt, nun mit all seiner Macht anfangen?

Weiter durch einfach noch längere, noch schwierigere Dungeons kriechen und dort noch mehr und noch stärkere Monster plätten?

Das ist es, was D&D 3E bejaht. Dort gibt es einfach MEHR von allem, aber ohne jegliche Auseinandersetzung, was für einen GESELLSCHAFTLICHEN Einfluß ein Charakter, der regelmäßig in den Abyss herabsteigt um dort eigenhändig Dämonen zu plätten, haben könnte.

AD&D 1st Ed. war da anders. Vorausschauender. Vielseitiger. –  Dort wurde der  Übergang vom bis dahin schon langsam kaum mehr interessanten und nicht mehr wirklich herausfordernden Dungeon-Crawling-Spiel ins POLITISCHE Spiel ganz vorzüglich herausgearbeitet.

Bei Erreichen des Name-Levels wird ein SC ein „Major Player“ im politischen Machtgefüge der Region. Er wird nicht mehr weiter sein unstetes Dungeon-Ausräumen betreiben, sondern seine Machtbasis, statt durch nur lokal wirksame magische Gegenstände und etwas Grundkompetenzanstieg durch Erfahrung auszubauen, eher durch seine Scharen an Gefolgsleuten, angeheuerten Leuten, an SIEDLERN unter seiner HERRSCHAFT und durch BÜNDNISSE mit seinen Nachbarn ausbauen. – Das alles – wie aller materieller Kompetenzzuwachs – natürlich In-Game!

Beispiel: Zwei Charakter derselben Klasse und desselben (Name-)Levels unterscheiden sich in ihrer Kompetenz MASSIV durch das, was sie an POLITISCHER Macht, an EINFLUSS auf die Spielwelt akkumuliert haben. – Der popelige Dungeon-Crawler, der als Kämpfer noch immer nach Level 9 durch dunkle Gewölbe kriecht, der hat so gut wie NULL Einfluß auf all das, worauf es in der Spielwelt WIRKLICH ankommt. Hingegen der Fighter, der sich zum Fürsten über selbsteroberte Ländereien gemacht hat, der über Tausende Untergebene herrscht, der ganze Horden an „Adventuring Parties“, seine Gefolgsleute, seine Hofmagier, seine Paladine, seine Spione (Diebesgilde!), usw., DER hat WIRKLICH Einfluß auf die Spielwelt!

Diese Art des Übergangs in das politische Spiel ist eine ganz natürliche Konsequenz aus dem „materialistischen Konzept“ von D&D, welches ja mehr und mächtigere Besitztümer anzuhäufen anregt. Irgendwann werden das „Immobilien“, Ländereien, Festungen, Magiertürme, Tempelfestungen, Kriegerorden, usw. – alles das erwächst ganz natürlich aus dem Anwachsen der Kompetenz über das, was der Charakter HAT, weniger über das, was er KANN.

HAT er eine Festung im Grenzland und einen Landstrich, den er sein eigen nennt, dann HAT er MACHT auf politischer Ebene. – Ein D&D-Charakter wird nicht „vom Tellerwäscher zum Millionär (genauer zum Unternehmer!)“, sondern er wird vom ängstlichen Dungeon-Crawler zu einem politischen Major Player, einem Fürsten, Hohen Priester, Erzmagier, usw. mit mehr Einfluß als nur dem seines eigenen Schwertarms, seiner Wunder, seiner Zaubersprüche!

Das politische Spiel von AD&D (1st Ed.) erwächst ganz natürlich aus dem materialistischen Ansatz von D&D. Das ist ein definierendes Merkmal von allen typischen „D&D-like“ Rollenspielen. – Wo diese natürliche Entwicklung nicht (mehr) vorkommt, hat man es nicht mehr wirklich mit D&D zu tun, sondern nur einem blassen Schatten dessen, was D&D auszeichnet.

Die falschen Fragen

Eine Attributssteigerung bei D&D-Charakteren ist sowas von UNWICHTIG, daß sie damals wie heute kaum jemand vermißt (außer den durch die 3E „versauten“ UN-D&D-Spielern, die meinen, daß es bei D&D nur um das Anwachsen der PERSÖNLICHEN Fähigkeiten – um mehr Feats, mehr Spells, mehr Skill-Ranks – ginge).

Wer als Spieler versucht sich um die „great responsibility“ für die GESAMTE SPIELWELT zu drücken, und statt dessen nur lahmarschig seine „great power“ anzuheben, der spielt wie eine LUSCHE! – Der Charakter mag noch so kompetent sein, aber Spieler, die sich scheuen die SPIELWELT aus den ANGELN zu heben, indem sie sich den heftigen Herausforderungen des politischen Spiels stellen, die spielen nur mit „Stützrädern im Verkehrsgarten/Dungeon“, die sind aber in ihrem Horizont auf die nächstgelegenste Dungeon-Wand beschränkt.

Daher: Fragt nicht, wie man Attribute der Charaktere steigert, fragt lieber, wie man ganze KÖNIGREICHE GRÜNDET!

 

Über Kommentare hier oder Beiträge im Diskussions-Thread im Forum würde ich mich wieder sehr freuen.

„Fakten“ sind nicht gleich FAKTEN!

Im Rollenspiel sind die Spieler damit beschäftigt Fakten in der Spielwelt zu schaffen. Was in einer Spielsitzung an Fakten IM SPIEL geschaffen wird, ist in der nächsten Spielsitzung in derselben Spielwelt, in derselben Kampagne weiterhin ein Fakt.  Das ist der Kern des Fortsetzungsspiels im Gegensatz zu reinen One-Shots von nur einer einzigen Spielsitzung. Da Fakten somit in der Rollenspielpraxis eine große Bedeutung zukommt, möchte ich hier mal auf Probleme mit Fakten und dem Faktenschaffen eingehen und meine Sicht auf unterschiedlichen „Arten“ von Fakten vorstellen.

Meine Motivation: In des Hofrats Disputorium schrieb Athair etwas für diesen Artikel Auslösendes (der Bezug des Disputoriums-Threads ist durchaus auch interessant, da die dortige Diskussion um Fakten-UNTREUE, Spieler-BESCHISS und MANGELNDE SPIELMORAL geht – er findet sich hier).

Athair schrieb unter Verweis auf den DSA-Hintergrund:

Der Hintergrund ist teilweise dermaßen einengend, dass ich als Spieler meine Schwierigkeiten habe mir in Bezug auf diesen Handlungsspielraum zu erkämpfen. … Also: Es gibt durchaus ein Problem mit Fakten im Spiel.

Das Problem daran ist ja, daß es nicht nur Fakten als solche gibt, sondern daß man zwischen „Fakten“ und FAKTEN unterscheiden muß.

Durch die Unterscheidung wird meines Erachtens klar, warum manchmal Hintergrundinformationen (Fakten über die Spielwelt) als einengend empfunden werden, warum man manchmal das Gefühl hat GEGEN den Hintergrund und seine vorab vorhandene „Faktendichte“ anspielen zu müssen und wo das Problem (und dessen Vermeidung) mit Fakten im Rollenspiel liegt.

Fakten zum Ersten: Fakten

Fakten – Das ist der Begriff in „Normalnutzung“. Damit verbinde ich keine besondere Bedeutung in Bezug auf das Rollenspiel, sondern verwende es synonym zu Tatsachen, Eigenschaften, usw.

Spricht man von Fakten, die im Spiel geschaffen werden, oder von Fakten, die man aus einem Quellenband herausliest, oder von Fakten, die der Spielleiter bei seiner Abenteuervorbereitung festlegt, dann meint man unterschiedliche ARTEN von Fakten. Und um die Unterschiede zwischen diesen geht es mir zunächst einmal.

Fakten zum Zweiten: FAKTEN

FAKTEN – In dieser Schreibweise meine ich damit alles, was irgendwann einmal IM SPIELGESCHEHEN genau DIESER Spielgruppe als Eigenschaft, als Tatsache, als Fakt der Spielwelt vorgekommen ist.

Diese FAKTEN sind sowohl dem Spielleiter wie auch den Spielern bekannt. Sie sind die OFFENBAREN Tatsachen, die durch Spielerentscheidungen, SC-Einwirkung auf die Spielwelt, und durch die Präsentation der Spielwelt durch den Spielleiter UND die Spieler(!) gefestigt wurden.

FAKTEN haben im Spiel bereits WIRKUNG entfaltet – auch wenn die Wirkung nicht immer gleichermaßen weitreichend sein muß.

Beispiel:

Ich spiele als Spieler einen Krieger eines Reitervolkes. Es wurde nirgendwo in einem mir bekannten Kulturbeschreibungstext oder sonst irgendwo im Spiel bisher eine Aussage zu Barttracht und Körperschmuck gemacht. Ich entscheide somit, daß mein Charakter einen langen Schnurrbart in der typischen Art der Reitervölker trägt und sein Oberkörper mit Tätowierungen, wie man sie in seiner Heimat bei den Kriegern findet, geschmückt ist.

Das sind NEUE FAKTEN. Es sind FAKTEN, weil sie IM SPIEL – sogar beim ersten Auftritt des Charakters gegenüber den anderen SCs – so beschrieben wurden.

Nun ERWARTE ich – zurecht! – daß der Spielleiter bei der Beschreibung von etwaigen weiteren Angehörigen dieses Reitervolkes meine geschaffenen FAKTEN aufgreift. Daher haben ALLE Krieger dieses Volkes solche Tätowierungen und zumindest die meisten Bartträger werden die oben beschriebene Barttracht haben.

Als Spieler habe ich hier die Weltbeschreibung mit MEHR DETAILS versehen. Und zwar nicht mit Details ohne weitere Bedeutung für das gemeinsame Spiel, sondern mit der berechtigten ERWARTUNG, daß diese von mir in einem sogar für die meisten Spielvorkommnisse minderwichtigen Bereich geschaffenen FAKTEN eben nunmehr für UNSERE GRUPPE Tatsachen der Spielwelt darstellen.

Jeder Spieler schreibt die Weltbeschreibung fort (inklusive der Historie der Welt, die durch das Voranschreiten der Zeit in der Spielwelt festgeschrieben wird).

Jeder Spieler erschafft somit FAKTEN in und über die Spielwelt.

Auch der Spielleiter erschafft solche FAKTEN.

Beispiel:

Wenn der obige Krieger ein NSC wäre, dem wir als erstem Vertreter der Reitervölker begegnet wären, und der Spielleiter hätte ihn so beschrieben, dann wäre unsere ERWARTUNG bezüglich des Aussehens weiterer Vertreter geprägt. Abweichungen kann es geben, doch sind diese zu begründen, zu erklären, nachvollziehbar, plausibel zu halten.

Der Spielleiter, der in seiner eigenen, persönlichen Ergänzung dessen, was er an Material über die Spielwelt in eine Spielsitzung genommen hat, solche FAKTEN schafft, ist MORALISCH GEBUNDEN diese auch in weiteren Spielsitzungen zu honorieren und sie weiterhin als gültige Tatsachen zu behandeln (siehe auch den oben verlinkten Thread im Tanelorn). Ändert sich etwas an diesen Tatsachen, dann braucht es einen plausiblen GRUND dafür! Ursache und Wirkung. Damit schafft man echte FAKTEN, die ja die WIRKUNGEN dokumentieren. Ansonsten wird die Welt unglaubwürdig.

Also schaffen ALLE Spielenden FAKTEN in und über die Spielwelt an den Stellen, die in den vorab den Spielenden zugänglichen UND PRÄSENTEN Informationen nicht abgedeckt waren.

Das ist ein HINZUFÜGEN zur Spielweltbeschreibungsdichte. Die Spielweltbeschreibung wächst um die geschaffenen FAKTEN. Diese FAKTEN haben somit eine WIRKUNG entfaltet, die sich in der Fortschreibung der Spielweltbeschreibung niederschlägt.

Und die Gültigkeit dieser Hinzufügungen erstreckt sich nur auf genau diese eine Spielgruppe – oder im klassischen Kampagnenverständnis eines traditionellen Spielleiters auf seine Kampagne (= Spielwelt, die er konsistent mit vielen verschiedenen Gruppen bespielt).

Fakten zum Dritten: „Fakten“

„Fakten“ –  Das sind im Spiel bislang „noch unwirksame“ Fakten.

Alle Fakten, die in Quellenbänden vorkommen mögen, alle Fakten, die ein SL sich selbst – ob mit oder ohne Zufallstabellen etc. – über die Spielwelt zusammengestellt hat, alle Fakten, die den GESAMTSTAND der unabhängig von einer konkreten Spielgruppe existierenden Faktenlage über eine Spielwelt darstellen.

Solche „Fakten“ kamen bislang im aktiven Spiel in einer Spielsitzung noch nie zum Tragen. Als im Spiel bislang „noch unwirksam“ kann man sie bezeichnen, weil sie in KEINER Weise einen Einfluß auf die Spielsitzungen einer Spielgruppe hatten. – Also weder als Motivation für einen NSC, noch als ein Gerücht auf der Straße, noch sonst irgendwo aufgetaucht sind. Sie hatten einfach NOCH KEINE WIRKUNG auf das laufende bzw. gelaufene Spiel!

Ändert sich ein „Fakt“, dann MERKT ES NIEMAND, weil dieser Fakt noch keinerlei WIRKUNG entfaltet hat.

Beispiel:

Die SCs spielen in einer zivilisierten, renaissancezeitlich angehauchten Region der Spielwelt, in der es nicht einmal Gerüchte über die obigen Reitervölker auf einem anderen Kontinent gibt, der mangels tauglicher Schiffe noch nicht einmal entdeckt ist. Erscheint nun ein Quellenband zu besagtem Kontinent, in welchem die Reitervölker völlig anders beschreiben werden – 2,50m große blaue negroide Nomaden, die auf riesigen Elefanten als Reittieren umherziehen – dann MERKT das KEINER in der Spielgruppe der SCs, weil diese „Fakten“ zu keinem Zeitpunkt eine Wirkung in der erspielten, fortgeschriebenen Historie dieser Kampagne hatten.

Anders sähe es aus, wenn die SCs schon mit marodierenden Horden dieser Reitervölker zu tun hatten, diese – mangels weitergehender Information des SLs – wie oben im ersten Beispiel beschreiben wurden, und nun aber mit vom Spielleiter in die Spielgruppe eingebrachten, neuen „kanonischen“, offiziellen Informationen „überschrieben“ werden sollen.

Ein „die waren schon immer 2,50m groß und blau“ ist nicht gerade glaubwürdig.

Hier ist der MORALISCHE MAKEL das Klammern des Spielleiters an irgendwelche GRUPPENEXTERNEN AUTORITÄTEN (im Beispiel: Verlage), die er in die Inhalte seiner eigenen Kampagne (= Spielwelt) hineinzudirigieren zuläßt.

Externe Autoritäten – Fakten von außen akzeptieren

Wer eine Spielgruppe initiiert, seine Spielweltinterpretation für diese Gruppe  beginnt, über den hat NIEMALS irgendein Verlag und dessen Produktpalette auch nur den Hauch an Autorität, was er wie in SEINER Interpretation der Spielwelt darbietet.

Noch so offizielle Informationen, noch so „kanonisch“ erklärte Spielwelt-Faktenbeschreibungen können niemals mehr als „Fakten“, also noch UNWIRKSAME Fakten sein.

Verlage nutzen jedoch ihre Produkte und die nur IHNEN Vorteile bringende KANONISCHE Weltbeschreibung aus, um nicht nur bei den Spielleitern, sondern gerade auch bei den SPIELERN die ERWARTUNG zu schüren, daß sie nicht mehr in der Welt des Spielleiters (dessen Kampagne) spielen sollten, sondern ALLE in DERSELBEN, d.h. in einer in wesentlichen Fakten überall und immer IDENTISCHEN Spielwelt!

Nochmal, weil es mir so wichtig ist das klar herauszustellen:

Es wird bei den SPIELERN die Erwartung geweckt, daß es erstrebenswert sei, wenn ALLE Spielenden eines bestimmten Rollenspiels (z.B. DSA) in DERSELBEN, der IDENTISCHEN Spielwelt spielten.

Das ist der krasse Gegensatz zu den klassischen Tugenden des Rollenspielhobbys, nach welchen die Spielwelt, die Kampagne, der PERSÖNLICHE Ausdruck und das persönliche EIGENTUM des Spielleiters ist. Dieser läßt seine Spieler (oft mehr als nur eine Spielgruppe!) in dieser, SEINER Welt agieren und sie ändern. Es ist dabei seine MORALISCHE VERPFLICHTUNG diese Änderungen auch als FAKTEN in seiner Spielwelt einzuarbeiten.

Dadurch ist eine Spielwelt bei Spielleiter Albert SPÜRBAR anders als bei Spielleiter Bertram oder bei Spielleiterin Claudia. – Es ist eine PERSÖNLICHE Herzenssache, KEIN überall identisches, kanonisches und damit auch SEELENLOSES Ungetüm!

Auch in Zeiten, als die klassischen Tugenden noch allgegenwärtig nachgeeifert wurde, gab es ja schon Rollenspielprodukte von Verlagen, die Regionenbeschreibungen, Spielwelten, usw. zum Gegenstand hatten.

Was war der Unterschied?

Der Unterschied liegt im UMGANG mit solchen Materialien und der ERWARTUNGSHALTUNG der SPIELER, wie ihr Spielleiter selbst bei Verwendung von „offiziellen Materialien“ mit diesen umzugehen hat (auch eine Tugend!).

Hält der SL es für angebracht und meint er dies ohne Kompromittierung der Plausibilität SEINER Kampagne bewerkstelligen zu können, dann kann er natürlich die Inhalte solche Quellenbände ganz oder zum Teil verwenden. Das ist unproblematisch, wenn es eben mit der notwendigen Achtsamkeit auf die KONSISTENZ seiner Spielweltdarstellung geschieht.

Noch unwirksame Fakten werden erst IM SPIEL von „Fakten“ zu richtigen FAKTEN, auf die sich die Spielgruppe auch verlassen kann.

Durch sorgsame Filterung, durch bewußte Zusammenstellung der FÜR SEINE Kampagne zulässigen Fakten-Materialien erhält er eine Sammlung an spezifisch ausgewählten „Fakten“. Er ist zu KEINEM Zeitpunkt irgendwie moralisch in der Pflicht ALLES, was in einem Quellenband steht, auch zu übernehmen. Er ist zu KEINEM Zeitpunkt verpflichtet irgendeiner kanonischen Entwicklung der „offiziellen“ Spielwelt (Meta-Plot) zu folgen. Das ist alles für seine EIGENE Kampagne völlig uninteressant!

Und die Spieler, denen solche Tugenden bewußt sind, erwarten es auch NIE anders vom Spielleiter. Sie erwarten eine EINMALIGE, eine INDIVIDUELLE Kampagne (= Spielwelt), die sie NUR BEI DIESEM EINEN Spielleiter so im Spiel erleben können!

Einzigartigkeit, Einmaligkeit, individuelle Unterscheidbarkeit. – Das zeichnet eine spielleiterindividuelle, tugendorientierte Kampagne aus.

Im Gegensatz dazu erhält man beim „konformistischen“ Verfolgen von  kanonischen, immer-gleichen „Fast Food“-Spielwelten, die mit einer ungerechten(!) Autorität VON AUSSEN in eine Spielgruppe hinein bestimmt werden, nicht einmal einen Hauch dessen, was im Rollenspielhobby das BESONDERE gegenüber Computerspielwelten oder passiveren Medien wie Film, Comic usw. ausmacht: Die INDIVIDUELLE, EINZIGARTIGE Spielumgebung.

Es wird Konformismus groß geschrieben. Es wird auf Normen gehört, die VON AUSSERHALB der Spielgruppe kommen – und allein schon deshalb eigentlich NICHTS in der Gruppe zu suchen haben!

Das ist in meinen Augen die Quelle des Übels, wenn jemand die Erfahrung macht, daß er als Spieler (oder als Spielleiter) durch eine „überspezifizierte“ offizielle, von außen aufgenötigte Spielwelt geradezu ERDRÜCKT wird.

Ohne die heutzutage gerade hier im deutschsprachigen Spielraum anzutreffende ERWARTUNGSHALTUNG der Spieler nach geradezu sklavischem Folgen der kanonischen Vorgaben der Verlage, gäbe es diese erstickenden Situationen, in denen man das Gefühl hat GEGEN die FAKTEN-DICHTE normierter, unindividueller, überspezifizierter Spielwelten anzuspielen.

Solche Spieler sind leider von UNTUGEND der rollenspielerischen SELBSTVERLEUGNUNG bestimmt.

Sie verleugnen ihre Identität als EIGENSTÄNDIGE Rollenspielgruppe mit INDIVIDUELLER Spielwelt. Das halte ich für eine Art Selbstverleugnung, weil eben die IDENTITÄTSSTIFTENDE Funktion einer individuellen Spielwelt/Kampagne durch das sklavische „Abarbeiten“ des Kanons nicht mehr gegeben ist.

Graue Ameisen. Sie spielen alle die exakt identische Spielwelt, die exakt identischen Kampagnen. – Oder zumindest VERSUCHEN sie das.

Aber solch ein Versuch MUSS SCHEITERN! – MUSS, weil eben keine Gruppe wie die andere ist. Wer solche Stangenware als kanonisch zu befolgende „Heilige Schrift“ in seiner Runde verwendet, der wird feststellen, daß sie KEINEM in der Gruppe wirklich paßt. Daher wird JEDER niedergeknüppelt, kleingehalten, eingezwängt, auf daß man ja dem (unwahrhaftigen!) Werte der „Kanon-Treue“ seine Spieler und deren Spielvergnügen, ja deren Spiel-LEIDENSCHAFT opfert!

Nach einiger Zeit kennen diese Spieler es nicht mehr anders! – Dann ist die FALSCHE Erwartungshaltung ZEMENTIERT. Die Spieler fügen sich in ihre Verstümmelungen und erleben das Rollenspielhobby verkümmert wie Bonsai-Bäumchen. Durch Qual und unnatürliche Methoden auf einen „beherrschbaren“ Rahmen gestutzte Kreaturen, deren eigentliches Lebensziel ist, sich in den HIMMEL emporzuschwingen und die ganze FREIHEIT des Rollenspielhobbys auszukosten!

Ich finde so etwas stets sehr bedauerlich.

Von „Fakten“ zu FAKTEN – Die Grundtugenden als Stütze

Wie geht man nun mit veröffentlichtem oder selbstersonnenem Material um, ohne seine Runde durch Untugenden ins Unglück zu stürzen?

Informationen oder auch nur Ideen (auch spontane!), die bislang noch KEINE WIRKUNG in der Spielgruppe, im Spielgeschehen hatten, sind „Fakten“. – Sobald ein Spielender, Spieler oder Spielleiter sie aber am Spieltisch, in der Gruppe in das Spielgeschehen einbringt und somit sowohl die „Fiktion“ weiterspinnt, als auch die „Dokumentation“ der Spielwelt fortschreibt, werden aus diesen „Fakten“ die belastbaren, wirkungsmächtigen FAKTEN.

Grundtugenden, die von allen Spielenden Beachtung finden, sind dabei die Plausibilität der Spielwelt, die Konsistenz der Spielweltdarstellung und die Konstanz des Standpunktes der Spielweltinterpretation.

Unter Beachtung dieser Grundtugenden ist auch das Erstellen NEUER EIGENER Spielweltfortschreibungen ZWISCHEN den Spielsitzungen (gemeinhin im Rahmen der Spielsitzungsvorbereitung) unproblematisch. Unter diesen Tugenden wird diese Fortschreibung erst einmal „Fakten“ schaffen, die dann im eigentlichen Spielgeschehen zu FAKTEN werden, ohne irgendwelche Reibungseffekte auszulösen.

Unter diesen Tugenden ist auch das Aufnehmen von von dritter Seite (Verlagen, Fanzines, usw.) publizierter Spielweltfortschreibungen unproblematisch. Das Deklarieren eines Quellenbandes als für die Spielgruppe bzw. die Kampagne als „gültig“ (ganz oder nur in Teilen, ohne oder mit Einschränkungen) gehört zu dem üblichen Verantwortungs- und Aufgabenbereich eines Spielleiters, der unter den obigen Tugenden seine Kampagne PFLEGEN möchte.

Und das EINZIGE, was zählt, ist SEINE Kampagne!

Ob ein Quellenband in eines ANDEREN Spielleiters Kampagne „funktionieren“ mag, ob eine im Internet aufgeschnappte Idee zur Spielwelt“bereicherung“ in der Kampagne des jeweiligen Beitragsschreibers „funktionieren“ mag, ist EGAL!

Es gibt KEINE Garantie, daß irgendeine Ergänzung der Spielwelt-„Fakten“ wirklich zu FAKTEN führen wird, die den obigen Tugenden gerecht werden können!

Einen Quellenband als „ab jetzt für die Gruppe verbindlich“ zu deklarieren, stellt ohne eine ernstliche PRÜFUNG unter den Gesichtspunkten obiger Tugenden IMMER ein Risiko dar die Spielwelt, die gesamte Kampagne zu zerrütten.

Unter Beachtung der Grundtugenden jedoch, wird bei JEDER neu erscheinenden Publikation, bei jeder neuen, aufgeschnappten oder selbst entwickelten, Idee GEPRÜFT, ob sie für die Kampagne tauglich ist.

Das sorgt dafür, daß all die „Fakten“, die für die Kampagne vorliegen, eine Sammlung an potentiell BEREICHERND wirksamen Fakten sind, die IM SPIEL zu den für ALLE Spielenden wahrnehmbaren und relevanten FAKTEN werden können.

Erteilt man der Untugend der „Kanon-Treue“ eine Absage und bietet man die Werte der Individualität, der Einzigartigkeit, der persönlichen Leidenschaft auf, dann erhält man eine Spielgruppe mit IDENTITÄT, ein eigenes Profil als Spielleiter, eine Kampagne, die einem als etwas BESONDERES, etwas EINZIGARTIGES in Erinnerung bleibt.

Man hat nicht als eine von hunderten, von tausenden Gruppen die stets identischen, vorgezeichneten Dinge getan, sondern man hat seinen EIGENEN AUSDRUCK im Spiel gefunden!

Das ist es, weshalb ich das Hobby Rollenspielen so lange schon so intensiv betreibe. Es ist ein sehr persönliches, individuelles, einzigartiges und zutiefst moralisch befriedigendes aktives Tun, das den Unterschied ausmacht, ob man sagt: „Ich spiele Rollenspiele“ oder ob man sagt: „Ich BIN Rollenspieler“.

Das Problem UNKONTROLLIERTER „Fakten“-Fülle und „Fakten“-Verfügbarkeit

Ich habe oben stets betont, daß die ERWARTUNGSHALTUNG den Kanon einzuhalten von den SPIELERN in die Gruppen getragen wird.

Das ist mein Eindruck.

Nicht der Spielleiter ist es, dem wirklich an Kanon-Treue gelegen ist, sondern es sind die „überinformierten“ Spieler!

Was meine ich mit „überinformiert“`?

Ein Blick zurück: Früher war es Ehrensache, daß ein Spielleiter in seinen Rollenspiel-Kampagnen EIGENE Welten entwickelt hat (oft mehr als eine). Wer in „gekauften“ Welten gespielt hat, der konnte zwar nach den Grundtugenden spielen, aber sein Ansehen war spürbar geringer als das des „vollindividuellen“ Spielleiters.

In einer Kampagne, die NUR der Spielleiter hinsichtlich der „Fakten“-Lage vollständig kannte, waren den Spielern nur die FAKTEN bekannt. Mehr nicht. Sie hatten auch keine Möglichkeit mehr Zugang zu Fakten zu bekommen außer IM SPIEL selbst! – Der Spielleiter entwickelte und pflegte seine Spielwelt und die Spieler spielten in dieser und änderten sie dadurch. Die AKTUELLSTEN Fakten waren somit stets das, was in der letzten Spielsitzung passiert ist. Aktueller als das ging es nicht!

Das wurde anders, als die Verlage ihre Produktstrategie änderten.

Anfangs wurden REGELWERKE und – für den Spielleiter – Monster, NSCs, Abenteuerschauplätze usw. produziert. – Regelwerke verkaufen sich nach wie vor am Besten. Fast jeder Spieler in einer Spielrunde hat die Grundregeln zur Verfügung. Manche noch mehr als das, aber mit den Grundregeln allein kann man als Spieler jahre- ja jahrzehntelang spielen.

Die Spielleiter kauften Material, Bausteine um ihre eigenen Spielwelten auszustatten und zu vertiefen. Und manchmal kauften sie auch andere Spielwelten „von der Stange“. Diese waren oft auch nur BAUKÄSTEN (Traveller gab nur einen Rahmen vor, aber im für das eigentliche Spiel relevanten Detailbereich MUSSTE der Spielleiter SELBST seine individuell unterschiedliche Spielwelt, sein Universum erschaffen!).

Erst nach und nach kamen stärker „ausdefinierte“ Spielwelten auf.

Mit dem Maße, wo Spielwelten „von der Stange“ aufkamen, ging auch das Selbstentwickeln individueller Spielwelten in vielen Spielrunden zurück. Manche Rollenspiele entdecken gerade wieder die Tugenden dieser alten Zeit (Diaspora, Stars without Number, usw.). Aber die meisten Rollenspielwelten heutzutage sind „Fertighäuser“. Schnell zu beziehen und schnell darin erste Abenteuer zu erleben.

Das wäre auch noch kein Problem, wenn nicht die Verlage auf die Idee gekommen wären, mittels ihrer Quellenbände GESCHICHTEN zu „erzählen“, statt einfach nur eine VORGESCHICHTE der Spielwelt bis zum ersten Spieltag zu präsentieren.

Die Geschichten, die in der Spielwelt angesiedelt waren und die weitere Entwicklung der Spielwelt waren viel näher beim ROMAN als beim SPIEL angesiedelt. – Dragonlance stellt für mich den Anfang dieser neuen Produktstrategie dar. Romane, sehr stark railroading-lastige „Abenteuer“ und eine Spielwelt, deren ZUKUNFT aus Sicht des aktuellen Zeitstandes der SC-Gruppe bereits FESTSTAND!

Metaplot. Diese Untugend für die SPIEL-Interessierten im Rollenspielhobby griff immer mehr um sich.

Da nun aber ALLE Produkte verfügbar waren (im Gegensatz zur nur von einem einzigen SL in seiner eigenen Wohnung ausgeheckten Spielwelt), konnten auch die SPIELER solche Produkte erwerben!

Das Campaign Setting, die Romane, die Roman-SERIEN, die Computerspiele.

All das liefert „Fakten“ über die betreffende Spielwelt!

Wer sich als Spieler Romane zur Spielwelt, in der seine Spielgruppe gerade spielt, anschafft, wer das Computerspiel spielt, wer die Comics liest, wer sich Quellenbände zur Herkunftsregion seines SCs, zu dessen Magierakademie, zu dessen Bekleidung usw. anschafft, der erwirbt „Fakten“-Sammlungen über die Spielwelt.

Diese „Fakten“ können dem Spielleiter und allen anderen Spielern auch bekannt sein, müssen aber nicht.

Das Problem liegt darin, daß hier der SPIELLEITER als die EINE und EINZIGE Instanz für die Anwendung der Grundtugenden beim Zusammenstellen dessen, was für SEINE Kampagne die ZULÄSSIGEN „Fakten“ sind, ÜBERGANGEN wird!

In den alten Zeiten der noch deutlich unterspezifizierten Spielweltprodukte hatte der Spielleiter meist als EINZIGER in seiner Gruppe diese Quellenbände angeschafft und entsprechend den Grundtugenden gefiltert und nur das, was VERTRÄGLICH und ZUTRÄGLICH für seine Kampagne war, davon zugelassen.

Jetzt, wo viele Spieler auch über exzellente Kenntnisse von „Fakten“ verfügen, kommt ein Problem auf, das es früher nicht gab.

Diese „Fakten“ sind ja noch OHNE WIRKUNG! Erst wenn sie IM SPIEL dieser einen Gruppe wirklich zu FAKTEN gemacht werden, erlangen sie Wirkungsmacht.

Nur, diese „Fakten“ können in der konkreten Ausgestaltung der Spielwelt des Spielleiters FALSCH sein! Sie sind nur dann wirklich WAHR, wenn sie zu FAKTEN gemacht wurden.

Die am LESEN fast mehr als am SPIELEN interessiert wirkenden Spieler lesen sich eine FÜLLE an „Fakten“ an, deren Verträglichkeit mit den Absichten und der Ausgestaltung der Spielwelt durch den Spielleiter nicht absehbar ist. Und diese „Fakten“ sind es, die ANTWORTEN, die GEWISSHEITEN denen geben, die sie durch Lesen (nicht durch Spielen) erworben haben. Aber sie waren bislang noch nicht relevant im Spiel!

Das führt dazu, daß sich eine Art „Druck“ anstaut, die erworbenen Detailkenntnisse (aber alles immer noch keine echten FAKTEN, sondern nur „Fakten“!) im Spiel BESTÄTIGT zu bekommen. Durch diese Bestätigung, daß es genau so ist, wie man es gelesen hat, wird der „Fakt“ zum FAKT.

Man erspielt sich nicht einen NEUEN Fakt durch eigene Ideen und spielerische Findigkeit, sondern man sorgt nur dafür, daß ein angelesener „Fakt“ aus einer von einer externen Autorität (dem Verlag) stammenden Quelle zu einem FAKT in der eigenen Runde wird. Das sorgt dafür, daß die Investition in Zeit und Geld diese „Fakten“ aus den Verlagsprodukten anzulesen nicht vergebens war.

Daher auch der WIDERSTAND mancher Spieler gegen „mutwillige Änderungen am Kanon“ durch Spielleiter!

Wer DSA in Aventurien nach den aktuellen Regeln und Publikationen spielen möchte und dabei ZUVIEL UNKONTROLLIERTE „Fakten“ angehäuft hat, der übt DRUCK auf den Spielleiter aus, diese Investition an Zeit und Geld in diese „Fakten“ zu einer „lohnenden“ zu machen. So, wie der Spieler über Romane und Quellenbände Aventurien zu „kennen“ meint, so ERWARTET er vom SL DESSEN Aventurien auch gefälligst dargeboten zu bekommen!

Und das führt zu dem Druck der SPIELER auf die Spielleiter, von dem ich oben schrieb.

Das Kanonische kann nämlich einem Spielleiter mit auch nur ein wenig Rückgrat und einem Hauch eigener Ideen herzlich EGAL sein.

Aber wenn gleich mehrere Spieler in der Spielgruppe zu nörgeln anfangen, daß man doch schließlich in Aventurien spiele und man da dies nicht und das nicht machen könne und daß das und das eh nicht ginge, weil es in Band XYZ ganz anders geschildert wurde, TÖTET das die Individualität der Gruppe und damit einen KERNWERT der SPIELFREIHEIT der gesamten Gruppe im Keime!

Wer lauter „Zahlen“ gelernt hat, der ist mit „Malen nach Zahlen“ zufrieden und der will nach einer Weile auch nicht mehr anders als nach Zahlen zu malen. – Er ist schöpferisch VERKRÜPPELT!

Und das passierte in Deutschland durch die hierzulande von mir als Die Deutsche Krankheit im Rollenspiel summarisch bezeichneten Strömungen der „Roman-ifizierung “ von Abenteuer-Publikationen (zum LESEN aber nicht zum Spielen geeignet – Abenteuer-Entwickler sieht sich als „Autor“), der Überspezifikation von Spielwelten (wie viele Cthulhu-Regionenbände über das Oberallgäu braucht  man wirklich?), der Splat-Book-Schwemme (für jeden Scheiß-Archetypen und seinen Bruder ein eigenes Buch!) , usw.

Ihr wollt FAKTEN? Ihr könnt FAKTEN doch garnicht ertragen!

Das ist des Übels Kern. – Wenn es den Spielern und den Spielleitern KLAR wäre, wie gewichtig die Unterschiede zwischen „Fakten“ ohne Wirkungsmacht im bisherigen Spiel  und FAKTEN mit echter, zementierter Wirkung sind, dann könnte m.E. bewußter mit solchen Verlagsproduktreihen umgegangen werden, die zu „komatösen Spielgruppen durch Kanon-Treue“ führen.

Daher dieser Artikel hier, in welchem ich meine Sicht auf die Handhabung und Bedeutung von Fakten im Rollenspiel dargelegt habe.

Ich habe versucht meine Erklärung für die heutige Situation zu vermitteln. Ich sehe im unkontrollierten Zugang zu „Fakten“-Sammlungen den Grund für die „Kanon-Treue“-Problematik. Ich sehe im nicht von den Grundtugenden geprägten Umgang mit externen „Fakten“-Quellen (insbesondere von „externen Autoritäten“ wie Verlagen) den Grund für den Fakten-Dschungel, der die Spieler in klebriger kanonischer Faktendichte formlich zu ersticken droht.

All dies ist behebbar, wenn man mit Rückgrat und Bewußtheit mit Rollenspielprodukten umgeht. Kanon-Treue ist KEINE wahrhaftige Tugend für das Rollenspiel, sondern deren Gegenteil! Sie führt ins Verderben!

Ich habe hier viel von Tugenden und moralischer Verpflichtung in der Spielpraxis geschrieben. Eigentlich hatte ich geplant dieses Thema mit einem anderen Artikel zu starten, in welchem es direkt um SPIELMORAL geht. Aber nun kam aus aktuellem Anlaß dieser Artikel zu Fakten zuvor. Daher werde ich den Spielmoral-Artikel, sobald es meine Zeit erlaubt, fertigstellen und nachreichen.

Über Kommentare hier oder Beiträge im Diskussions-Thread im Forum würde ich mich wieder sehr freuen.

Realms of Crawling Chaos – Ein erster Eindruck

Hier möchte ich von einem blasenschlagend brühwarmen, ja geradezu heißen neuen Produkt aus dem Labyrinth-Lord-Spektrum berichten. Es ist das Labyrinth-Lord-Supplement Realms of Crawling Chaos (RoCC).

Nach all dem Streß vom Wochenende rund um RoCC auf Moritz‘ Seifenkisten-Blog und Dan Proctors „Project-Killing Spree“ bin ich ja nicht nachtragend. – QUATSCH! – NATÜRLICH bin ich nachtragend! Was da abging war wahrlich etwas, was ich gewiß NICHT so schnell vergessen werde.

Aber losgelöst vom Charakter des Menschen Dan Proctor kann man sich durchaus seine Produkten widmen. Die meisten Spieler werden eh nie mit dem Menschen, sondern nur mit dessen Werken zu tun bekommen. Also soll dies hier auch in meinem Augenmerk stehen.

Über die RoCC-Ankündigung im Buch Eibon hinaus möchte ich hier nach einer ersten, schnellen Durchsicht des Buches ein paar mehr Details als Einblick und Motivation einer Kaufentscheidung geben.

Was bekommt man?

Als Freund der PDF-Produkte habe ich meine Ausgabe von Realms of Crawling Chaos bei RPGnow.com heute für 3,64 Euro erworben. Für diesen Preis bekommt man ein PDF mit 66 Seiten.

Das Titelbild ist farbig mit schwarzem Hintergrund und auch die Buchrückseite ist schwarz – nicht gerade druckerfreundlich. Dafür ist der Rest des Buches aber in durchaus druckerfreundlichem Schwarz-Weiß gehalten. Ohne störenden Zierat an den Seitenrändern oder dergleichen. Das Textbild ist  von anderen LL-Produkten gewohnt schlicht, zweispaltig, mit sparsamen Schwarz-weiß-Illustrationen aufgelockert.

Diese Illustrationen sind auf den ersten Blick alle neu für diesen Unterstützungsband erstellt worden. Es ist keine pixelige Clipart oder Kinderkrakelzeichnung wie in Mutant Future zu finden. Das Buch wirkt optisch sehr stimmig und aus einem Guß.

Was ist drin?

RPGnow-Werbetext verspricht folgendes:

Evil cultists consummate their union with Shub-Niggurath in dark woods no other mortals dare go. Alien terrors lurk in the underworld; their vast riches wait, or their incomprehensible powers could leave you broken, dead, or worse. Adventure in underworlds filled with horrible entities, or the ruins of alien beings that enslaved the ape-like ancestors of mankind. Seek hidden secrets from the arctic wastes to dark, briny seas. But as you approach the ocean, what are those strange longings you feel?

Realms of Crawling Chaos is a Lovecraftian Dark Fantasy campaign supplement for Labyrinth Lord and the Advanced Edition Companion.

In this book you will find:

  • New player races, including white apes, white ape hybrids, sea blood, and subhumans.
  • New spells
  • New monsters
  • New artifacts and a system for designing unique artifacts
  • Rules for psionics, compatible with Mutant future

Und das ist tatsächlich drin:

Realms of Crawling Chaos ist ein Supplement für Labyrinth-Lord-Runden UND für Mutant-Future-Runden. Daher nicht vergessen, daß man dieses Supplement problemlos mit beiden Regelwerken verwenden kann.

Lovecraftian Dark Fantasy (4 Seiten)

In dieser Einführung hebt RoCC auf die folgenden, in HPLs Cthulhu-Geschichten zu findenden Themen ab und stellt kurz dar, wie sie sich in einer LL-Kampagne mit dem RoCC-Supplement aufgreifen lassen:

  • The Insignificance of Man
  • The Vastness of the Universe
  • An Uncaring Natural World
  • The Reality of Man as an Animal
  • Superior Otherworldly Beings
  • Science as a Double Edged Sword

Alles durchaus geläufige Themen, die man aus CoC, deutschem Cthulhu, RoC, ToC auch bereits kennt. In soweit kann man sich thematisch gleich zuhause fühlen.

Die nächsten kurzen Absätze gehen drauf ein, wie man sich seine eigene RoCC-Spielwelt erschafft, Realms of Crawling Chaos, wie man dem Genre, The Lovecraftian Dark Fantasy Genre, umgehen sollte, welche Arten von Kampagnen man mit RoCC am Besten spielen kann, Campaign Types,  daß man sich seine Kulte gefälligst selbst auszudenken hat, wenn man welche haben möchte, Cults, und es wird auf wenigen Zeilen ein Abstecher zu besonderen Orten aus den Cthulhu-Geschichten gemacht, Places.

In Other Sources werden die Inspirationsquellen für RoCC kurz angerissen (es gibt noch einen längeren Anhang dazu).

Game Systems schildert, daß die Rassen-Angaben für die LL-Regeln (Rasse als Klasse) und das ACE-Supplement (Rasse separat von Klasse) aufgeführt werden – effektiv ist dieses Buch also „double statted“ für die Grundfassung und die „Advanced“-Fassung der LL-Regeln.

Character Races  (5 Seiten)

Es werden folgende Rassen vorgestellt:

Sea Blood

Das sind die fischigen Innsmouth-Bewohner. Eine Kombination aus Fighter und Cleric, wenn man die Rassen-Klasse nach den Grund-LL-Regeln anschaut, nach den Advanced Regeln stehen ihnen die meisten Klassen offen, aber als Kleriker können sie am höchsten aufsteigen. Ein Sea Blood hat auf niedrigen Stufen Aussehen und Fähigkeiten wie ein normaler Mensch, ab Stufe 3 überkommt ihn Infravision, und  ab Stufe 4 fängt er an nach und nach zu einem Deep One zu mutieren. – Dieser graduelle Prozess ist mit der Stufe des Charakters verbunden, was eine geradezu unausweichliche Entwicklungsrichtung festschreibt.

Meine Meinung: Das könnte im Spiel zwar interessant sein, einen „Normal-SC“ nach und nach zum Entsetzen des Spielers mutieren zu lassen, aber dazu muß man dem Spieler solch eine Einbahnstraßen-Rasse erst einmal „unterjubeln“, was nach den Grund-LL-Regeln NICHT GEHT! Dort sieht er ja, wie er seine Trefferpunkte bestimmt, daß er von Stufe 1 an Klerikersprüche kann usw. Mit den Advanced Regeln geht das, wenn man dem Spieler solch einen SC „unterschiebt“.

Subhuman

Das sind degenerierte Menschen – eine Mischung aus Menschen und Voormis, prähistorischen Vorgängern der heutigen Menschen, ungeschlachten Kannibalen. Die Subhuman werden nach den Grund-LL-Regeln einfach wie Kämpfer behandelt, nur nach den Advanced Regeln kommen Unterschiede auf: die Subhuman können als Meuchler unbegrenzt aufsteigen, ansonsten nur als Kämpfer, Dieb und Kleriker.

Meine Meinung: Als Spielercharakterklasse bzw. -rasse einen degenerierten Mix aus Vormensch und Mensch zu spielen dürfte nicht gerade eine beliebte Wahl sein. Man hätte einfach nur die Subhumans als normale Fighter mit ungeschlachtem Körperbau, gröberen Gesichtszügen abbilden können. Fertig. – Deswegen sind sie immer noch eher Monster/Gegner/Kultisten zum Bekämpfen, als daß sie SCs abgeben.

White Ape

Das sind intelligente weißbepelzte Affen, die sich ansonsten wie Kämpfer spielen. Sie haben Ultraviolett-Sicht, können ein wenig besser Geheimtüren  aufspüren und dürfen neben Meuchlern und Dieben (unlimitiert) auch Kleriker und Kämpfer sein, wenn sie nach Advanced Regeln bespielt werden, ansonsten verwendet man in allen Aspekten die Kämpfer-Klasse der Grund-LL-Regeln.

Meine Meinung: Nach Advanced Regeln bekommen White Apes mehr Stärke und weniger Charisma. Der „Stärke-Boost“ wäre für mich der einzige Grund einen solchen Affen-SC zu spielen. Denn wer will schon in einer normalen, die Insignifikanz der menschlichen Rasse ausleuchtenden SC-Runde ein bleichen Planet-der-Affen-Evolutionsgewinner spielen? Irgendwie weniger als SC für mich vorstellbar, denn als Monster beim Bewachen uralter Ruinenstädte voll verbotenen Wissens.

White Ape Hybrid

Das ist ein Mix aus Mensch und Weißem Affen. Nicht ganz so stark, genauso häßlich, kann auch Ultraviolett-Sicht und besser Geheimtüren aufspüren. Nach den Advanced Regeln hat ein White Ape Hybrid andere Rassen-Maxima und -Minima für die Attributswerte und kann auch Magier, Illusionist und Kleriker werden.  Nach den Basis-LL-Regeln sind Hybride nur Kämpfer-Diebe.

Meine Meinung: Eine stärkere, dafür häßlichere Fassung des Kämpfer-Dieb-Charakters, wenn man die Basis-LL-Regeln verwendet. Ob man das braucht? Ich nicht. Und einen solchen Hybrid als Magier-SC oder so etwas – da schaudert es mich – aber nicht  aus cthulhoidem Grusel.

In den folgenden kurzen Absätzen Other Advanced Edition Information und Character Classes sind einerseits die Start-Alters-Spannen und Alters-Stufen für die neuen Rassen nach Advanced Regeln angegeben, sowie darauf eingegangen, daß es die für Kleriker so notwendigen (guten) Götter in vielen RoCC-Spielwelten nicht geben wird, so daß die Klasse  Kleriker hier nicht passend ist. Der Absatz dazu ist leider etwas widersprüchlich formuliert, weil er auch die Magier und Illusionisten ausschließt, im nächsten Satz aber wiederum als die drei empfohlenen Basis-Klassen Fighter, Magic-User, Thief aufzählt. – Wie üblich: Hier hätte ein LEKTORAT geholfen den Text klarer, widerspruchsfreier, verständlicher zu machen.

New Magic  (6 Seiten)

Formulae

Hier wird eine neue Art von Magie, die Formulae, eingeführt. Formulae sind eher alchemistische Präparate, die teilweise lange, tagelang, jahrelang zum Erstellen benötigen. Diese treffen die Stimmung der Magieanwendung in Cthulhu-Geschichten eher als die Fire&Forget-Spells, die man bei LL üblicherweise kennt. Von Condense Essential Salts bis Tincture of Living Death sind hier 10 neue Formulae gelistet.

Spells

Spells enthält normale Spruchmagie der üblichen Art. Nicht ganz. Manche haben eine Zauberdauer von 5 Jahren! Von Banish Yog-Sothoth bis Voorish Sign gibt es 14 neue Sprüche mit recht stimmig cthulhoider Ausrichtung.

Monsters (20 Seiten)

Creature Listings enthält für 40 Mythos-Wesen die Spielwerte. Jetzt weiß man endlich, welche Rüstklasse Cthulhu hat, wieviel Schaden er pro Runde austeilt und wie er seine Rettungswürfe macht.

Meine Meinung: Manche bekommen Krämpfe, wenn hier Old Ones mit Spielwerten abgebildet sind. Aber das waren sie in CoC auch schon immer! Und die Werte zu kennen heißt noch lange nicht, daß solch eine Kreatur „schaffbar“ ist und gekillt und gelootet werden kann! – Die Spielwerte für die Großen Alten sind nicht von Pappe und alle haben sie Immunitäten und Psi-Stärke von jenseits, um vorwitzigen Hack&Slash-Lustigen das Hirn zu verflüssigen. Durch die unterschiedlichen Spiewerte bekommt aber der Spielleiter Material an die Hand, um diese Überwesen in jeweils ihrem eigenen Stile agieren zu lassen. Keines ist wie das andere – und die konkreten Spielwert-Unterschiede zeigen das auch klar auf.

Eldritch Artifacts  (3 Seiten)

Hier werden Artefakte aus den im Anhang  angegebenen Quellen an Cthulhu-Geschichten in drei Kategorien aufgeführt: Technology and Power Sources (wie die Gehirnzylinder) , Artifacts (wie das Leuchtende Trapezoeder) und Tomes (die vielen Mythosbücher, die man besser nicht  lesen sollte). – Dabei werden die Bücher nur mit Titel gelistet und für das Lesen und Erschließen auf den Anhang 1 verwiesen.

Meine Meinung zu den Tomes: Diese Art der Textorganisation halte ich für eine unglückliche Lösung, weil die Titelliste einem mitten im Buch so rein garnichts gibt. Und zudem ist offensichtlich auch noch im Layout ein wenig Kuddelmuddel bei den Unterkapiteln hier passiert – nicht sehr schlimm, aber schludrig.

Psionics  (3 Seiten)

Psionics sind NICHTS für Spielercharaktere. Damit beginnt diese kurze Kapitel über Psi-Kräfte in RoCC. Die Mechaniken dahinter sind denen der Geistigen Mutationen von Mutant Future angelehnt, sollen aber insbesondere das Fremdartige der Kräfte der cthulhoiden Wesen herausstreichen helfen. Also keine SC-Psioniker, die aus dem Großen Cthulhu einen Wahrsage-Oktopus machen!  Es werden 18 Psi-Kräfte vorgestellt sowie Regeln zum Feststellen der PSI-Stärke von Kreaturen auf Basis ihrer Weisheit. Die Weisheit wird in Abhängigkeit von deren Intelligenz bestimmt, und zum Feststellen der Intelligenz der Kreaturen wird auf die Advanced Regeln verwiesen. Somit: Man nehme die Advanced Regeln, lege danach die Intelligenz einer Kreatur fest, bestimmen dann anhand der hier aufgeführten Tabelle deren Spanne an Weisheit, würfle die Weisheit aus und schon hat man die PSI-Stärke bestimmt.

Appendix 1: Reading Eldritch Tomes  (2 Seiten)

Dieser Anhang enthält alle Regeln rund um das Lesen von zaubermächtigen mythosverdorbenen alten Büchern und dem, was das Lesen aus dem Leser alles so machen kann.

Auf nur zwei Seiten bekommt man hier geballt GUTE Regeln für solche Themen, die auch mal in nicht-cthulhoiden Kampagnen Eingang finden könnten. Um hier nicht die zwei Seiten abzutippen nur kurz die Kern-Spielbegriffe, um die es hier geht: Ein Buch hat eine Study Time (in den Beispielen 1 Tag bis 1 Woche), die man aufwenden muß, um einen Wurf gegen die Complexity (in den Beispielen 8 bis 16) mit W20 + Int-Mod. zu machen. Dabei erfordert ein Buch zum vollen Verständnis seiner unaussprechlichen Inhalte meist mehrere erfolgreiche Complexity-Rolls (die Beispiele geben 2 bis 20 an). Wurden alle Erfolge aufsummiert, so stehen alle Inhalte, Zauber usw. in dem Buch dem Leser offen (in den Beispielen von 2 bis 10 Sprüche, Formulae). – Klappt ein Complexity-Wurf nicht und ist der Wurf bis zu 5 unter der Complexity, so ist nur die Zeit nutzlos aufgewandt worden. Klappt er nicht und ist um 6 oder mehr unter der Complexity, so muß ein Rettungswurf mit W20 + Weisheits-Mod. gegen die Potency des Buchs gemacht werden (in den Beispielen von 10 bis 18). Klappt dieser Save nicht, so muß er auf der Affliction-Tabelle würfeln und sehen, wie sehr ihn das Buch jetzt korrumpiert, physisch oder psychisch zerrüttet hat. Das kann den Charakter töten (selten), aber viel eher ihn geradezu unspielbar zu einem „Gemüse“ machen. – So kann man auch ohne Sanity-Pseudo-Hitpoints die Charaktere nach und nach psychisch und physisch abschmieren lassen. – Meine Meinung: GUTE Lösung!

Appendix 2: Random Artifacts  (12 Seiten)

Vom Umfang her fast ein wenig lang für „nur einen Anhang“. – Hier ist die „Fabrik“ für mehr Artefakte als im obigen Kapitel beispielhaft aufgeführt wurden. Es werden hier Powers, Form und Alien Characteristics für ein Artefakt anhand umfangreicher Zufallstabellen bestimmt. Eine hilfreiche Sache für den Spielleiter, der stets um neue, originelle Mythos-McGuffins in seinen Runden bemüht ist.

Appendix 3: Psionics in Mutant Future  (1 Seite)

Psionik ist ja angelehnt an die Geistigen Mutationen in Mutant Future und funktioniert somit 1:1 in beiden „Welten“ – MF und RoCC – gleich. Diese Seite mit conversion notes ist für eine Mutants&Mazes-Crossover-Runde von LL und MF gedacht und gibt Hilfestellung für das Einbinden von Psionik in dieser Art von Kampagne.

Appendix 4: Literary Sources  (2 Seiten)

Für alle diejenigen, die noch auf der Suche nach mehr Inspirationsquellen rund um Cthulhu sind, stellen diese beiden Seiten eine nette Leseliste dar. Wer als abgehärteter Mythos-Forscher eh schon alles kennt, wird hier auch keine Sanity mehr verlieren.

Es folgt die obligatorische OGL und eine Werbeseite für Mutant Future.

Das ist es, was man bekommt.

Wie gut ist es denn nun?

Dieses Supplement für LL bietet einen sehr EIGENEN Weg sich den Stoffen von HPL zu nähern. Einen eigenen Weg, aber einen sehr SYMPATHISCHEN.

Zwar geben mir die neuen Rassen als Spielercharakterrassen eher wenig (wer will schon einen degenerierten Menschen oder einen fischigen Dagonanbeter spielen?).

Aber die neuen Zauber, die „Formulae“ mit ihrer eher alchemistischen Ausrichtung (gegenüber der Fire-and-Forget-Spruchmagie vvon LL) , sind sehr stimmig geworden und passen zu einer etwas düsterer ausgerichteten LL-Kampagne bestens.

Auch die Kreaturen-Umsetzungen, bei denen CoC-Fans viele alte Bekannte wiedertreffen werden, sind stimmige Ausdrücke der Cthulhu-Kreaturen in der Spielwert-„Sprache“ von LL. Und ich MAG die Illustrationen! (Bei Shub-Niggurath mußte ich unnatürlich breit grinsen!)

Die Psionik-Regeln sind ein interessanter Weg manche der übernatürlichen Fähigkeiten anders als mit der bekannten Spruchmagie umzusetzen.

Bei den Anhängen hat mir der zum Lesen/Studieren von alten okkulten Büchern am besten gefallen. Dieser Anhang könnte auch gut in einer nicht-cthulhoiden LL-Kampagne, in welcher Magie nicht „nett“ und nicht so zuverlässig ist, gut passen. Auch nützlich, aber für mich nicht so spannend der lange Anhang zum Erschaffen „mythosrelevanter Artefakte“.

RoCC ist (anders als MF) wirklich gut strukturiert, übersichtlich, gut (d.h. im Stile passend) illustriert, und stellt ein GRUNDSOLIDES Produkt dar.

Wer also, wie ich, von der Qualität von MF nicht begeistert war, der sollte sich RoCC einmal anschauen.

Ich halte es für ein empfehlenswertes Produkt zu einem fairen Preis.

Über die Botanik der Mimose

Letzten Samstag gab es völlig UNERWARTETEN Streß und wüste Konsequenzen rund um die Ankündigung von Dan Proctors neuem Labyrinth-Lord-Supplement Realms of Crawling Chaos in Moritz‘ Seifenkisten-Blog.

Der „Vorfall“

In Moritz‘ Blog schrieb ich einen Kommentar zur beginnenden (und SEHR verständlichen) Euphorie dieses angekündigte Produkt auf Deutsch zu übersetzen, daß ich vor einer Übersetzungseuphorie erst einmal sehen möchte, ob dieses neue Produkt aus der Tastatur Dan Proctors „genauso  CHAOTISCH und SCHLUDRIG erstellt wurde“, wie LL oder MF. – Denn das ist mein Eindruck zur Produktionsqualität der beiden englischsprachigen Originale.

Kaffeeflecken und Eselsohren 2.0

Bei LL kann ich das historisch-nostalgische Übernehmen von holperigen Regelungen, die schlechte Textorganisation, die der Vorlage dieses Retro-Klons entspricht, usw. noch nachvollziehen. Man will als Nostalgiker die alte Vorlage mit samt der alten „Kaffeeflecken und Eselsohren“ des Originals nachbilden, weil diese einen Teil des Charmes für die Nostalgieorientierten ausmachen.

Leider ist aber nicht jeder Käufer eines HEUTE erscheinenden Rollenspielprodukts bereit für etwas sein gutes Geld zu zahlen, das genauso viele Macken, ja sogar DIESELBEN Macken wie ein Altprodukt hat. Vor allem dann nicht, wenn man erst einmal tapetenlange Threads bei Dragonsfoot und anderen OSR-Tummelplätzen durchforsten muß, um die ALTBEKANNTEN Macken soweit in den Griff zu bekommen, daß das Ganze mit vertretbarem Aufwand und vertretbarem Frust-Level spielbar wird.

Aber Nostalgiker stört das ja nicht. Die WOLLEN das so. Die sind hart im Nehmen. Und die kennen die ganzen kryptischen Tricks und Kniffe zur Spielbereitmachung solcher Altsysteme bereits seit Langem.

Alt, aber bitte nicht altbacken

Ich bin nicht so ein Nostalgiker, sondern ich mag es das alte SPIELGEFÜHL zu erleben, aber ich erwarte dieses in einem SOLIDEN, ZEITGEMÄSS produzierten Produkt so dargeboten zu bekommen, daß die Manuskriptqualität eben heutigen Standards entspricht. Bedeutet: Saubere Textorganisation, Bereinigen von wiedersprüchlichen Dingen im Text, Ausrichten der Textpräsentation nach Nutzbarkeitsgesichtspunkten, klare, verständliche Sprache, usw.

Einfach all das, was man heutzutage ohne Probleme auch schon bei Fanprodukten, die im Hobbykeller entstanden sind, finden kann. Solide Qualität. Nicht überbordend barocke Produkte, bei denen die Form vom Inhalt ablenkt, sondern einfach gut geschriebene, gut strukturierte Texte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Tempora mutantur – betrifft auch die Zukunft

Mutant Future hat in den USA eine Klientel aus alten (und neuen) Gamma-World-Nostalgikern. Es ist letztlich Gamma World 1st oder 2nd Ed. ausgedrückt mit den Spielwerte-„Ausdrucksmitteln“ von Labyrinth Lord (und auch kompatibel zu LL).

Aber MF ist in meinen Augen problematischer als LL. Der Regeltext in MF ist sogar verglichen mit LL außerordentlich SCHLECHT organisiert und es sind Teile aus den LL-Regeln einfach per Copy&Paste, wie es scheint, ins Dokument reinkopiert worden, daß MF mehr wie ein zusammengenähnter Flickenteppich denn wie ein Produkt aus einem Guß wirkt. – Und das ist VERDAMMT SCHADE, denn MF funktioniert durchaus, es macht Spaß, es greift die „Spaßfaktoren“ von Gamma World und Labyrinth Lord auf und macht etwas eigenes daraus. Eigentlich toll.

Wäre es nicht so SCHLUDRIG produziert.

Und genau das schrieb ich in Moritz‘ Blog. Ich schrieb dort, daß MF wohl aus „Faulheit, Schludrigkeit und fehlendem Qualitätsbewußtsein“ so chaotisch wurde, wie es das nun einmal ist.

Majestätsbeleidigung

Wie vermutlich weitbekannt sein dürfte, ist in Moritz‘ Seifenkisten-Forum ein Team seit Mitte letzten Jahres dabei an einer deutschen Mutant Future Ausgabe zu arbeiten. – Im Team sind viele aus den LL- und BoL-Projektteams wieder mit dabei – nicht zuletzt weil Moritz einen mit seiner Begeisterung so anstecken kann und man in diesen Teams wirklich toll zusammenarbeitet.

Nun hatten wir das MF-Manuskript SEHR GENAU durchgesehen, analysiert, überlegt, wie bei einer Übersetzung zu verfahren wäre, usw. – Dabei fielen die Qualitätsmängel sofort ins Auge.

Für eine reine Fan-Übersetzung, bei der keinerlei Geld von irgendwem beteiligt ist, wäre es ja kein Problem eine 1:1-Übersetzung anzufertigen. Sollen sich die Fans, die das Teil kostenlos herunterladen, doch selbst mit der schlechten Textorganisation und allen anderen Macken herumärgern, denn immerhin zahlen sie ja nichts dafür.

Das wäre, wenn es eine reine Fan-Projektsache wäre.

Aber nachdem in Deutschland die Übersetzungen von Labyrinth Lord und Barbarians of Lemuria gut angekommen sind, wollten wir schon, daß ein deutsches MF auch GEDRUCKT erhältlich ist. Wenn man mal so viel Arbeit in solch ein Projekt gesteckt hat, dann ist es schon ein befriedigendes Gefühl ein Druckwerk all des Schweißes, der Tränen, des HERZBLUTES in Händen halten zu können. – Und so waren Gespräche mit deutschen Verlagen, Verhandlungen über Lizenzfragen usw. am Laufen, die Monat um Monat ins Land gehen ließen, ohne daß wir das Startsignal zum Loslegen der eigentlichen Arbeiten bekamen.

Dieweil bearbeitete Moritz mit Engelszungen Dan Proctor, doch ein paar Regelklarstellungen – zur Not als „optionale Regeln“ einfügen zu dürfen. – Das war ÜberzeugungsSCHWERSTarbeit, weil Dan seine Produkte offensichtlich als „perfekt“ betrachtet und die Änderung auch nur eines Striches als völlig inakzeptabel empfindet. (Wie anders doch Pinnacle mit der Savage-Worlds-Übersetzung oder Simon Washbourne mit der Barbarians-of-Lemuria-Übersetzung umgingen. Aber solche Autoren-Souveränität scheint nicht so verbreitet zu sein, wie man es sich manchmal wünschen würde.)

Dann kam die Weihnachtszeit. Und es gab im englischen Original eine Revised Editon von Mutant Future.

Toll! Da werden bestimmt die gröbsten Klopper beseitigt sein! – Dachten wir. – War aber nicht. – Es war sogar so, daß Dan Proctor in seinem Forum damit kokettierte, daß „nur kosmetische Änderungen“ (vornehmlich andere Bilder) vorgenommen wurden.

Schade. – Eine echte Chance vertan die Qualität wirklich anzuheben.

Und diese Vorgeschichte brachte mich zur Kommentar-Äußerung auf Moritz‘ Blog:

WENN es auf dem deutschen Markt irgendjemanden interessieren soll, dann MUSS es einfach bessere Qualität in der Umsetzung, in der Textorganisation, usw. aufweisen, als dies bei MF der Fall ist.

Kann Proctor das?

Das zusammen mit dem obigen Schludrigkeitsvorwurf war die „Majestätsbeleidigung“.

Ich hatte ja keine Ahnung, daß Dan Proctor im deutschen Blog von Moritz mitliest – andererseits STEHE ich zu meinen Vorwürfen, denn es liegt in SEINEN Händen die Qualität seiner Produkte zu verbessern. – Wenn er das will.

Sippenhaft

Die Axt fiel. Dan untersagte aufgrund meines Kommentars im Seifenkisten-Blog dem gesamten Team eine deutsche Mutant-Future-Ausgabe zu erstellen und wandte sich per E-Mail auch an die betreffenden Verlagsverantwortlichen hierzulande. – Und auch für eine deutsche RoCC-Ausgabe sieht es nicht gut aus.

Man stelle sich das einmal bildlich vor: Ein Team an mehr als einem halben Dutzend hochmotivierter Fans hat schon viele, viele Stunden in Vorarbeiten investiert, sich mit Elan um das Übersetzungsprojekt gekümmert, Verhandlungen geführt, Organisatorisches geklärt – und ALLES KOSTENLOS!

Die Leute arbeiten arbeiteten freiwillig, unbezahlt, aus purem Enthusiasmus.

Nun „verplappert“ sich EINER aus dem Team in EINEM Kommentar in einem Blog und DAS GESAMTE TEAM wird BESTRAFT!

Das ist wahrlich KEIN Ruhmesblatt für den Menschen Dan Proctor.

Wir waren alle am Wochenende schwer angeschlagen. Moritz natürlich sehr, weil er ja weiterhin mit Dan Projekte machen möchte und seine gute, enge Beziehung nicht gefährdet sehen möchte. Kann ich voll nachvollziehen. – Aber auch alle anderen im Team, die schon wirklich viel Vorarbeitsaufwände reingesteckt hatten und sich auf die eigentliche produktive Phase gefreut hatten, andere Verpflichtungen dafür abgesagt, Zeit freigehalten und Herzblut gespendet hatten.

Ratet mal, wie ich das finde…

Nuked back to yesteryear

Auf jeden Fall ist das alte MF-DE-Team nicht etwa nur „back to square one“, sondern OHNE Boden. Wir sind nun ein Haufen Leute, die GERNE ein neues Projekt, gerne auch ein Endzeit-mit-Spaß-Projekt, machen würden, aber wir sind noch weiter zurückgeworfen, als vor der MF-DE-Teamfindung letztes Jahr. Jetzt ist erst einmal eine Art Brainstorming angesagt, was wir denn nun überhaupt machen könnten, was wir machen wollten, usw.

Ich finde den hierzulande historisch recht belasteten Begriff „Sippenhaft“ in diesem Falle durchaus angebracht.

So dermaßen UNFAIR und GEMEIN habe ich noch keine Behandlung eines kostenlos arbeitenden Freiwilligen-Teams erlebt.

(Hier möchte ich auf einen interessanten Artikel verweisen, der die Mimosenhaftigkeit und die nachfolgende Brutalreaktion zu erklären vermag: Dunning-Kruger-Effekt)


Savage Love (3) – GGG: Good, Giving, Game!

Fesselnde Spielrunde

Fast! Furious! Fun!

Das kennt jeder, er mal auch nur entfernt dem generischen Rollenspielregelsystem Savage Worlds begegnet ist. Denn F!F!F! ist als markanter Werbeslogan seit 2003 präsent.

Natürlich kann man auch andere Rollenspiele Fast! und Furious! spielen – und was auch immer für einen Rollenspieler Fun! sein mag, in diese Abgründe möchte ich lieber gar nicht erst abtauchen.

Aber: Fast! Furious! Fun! soll eine QUALITÄT bezeichnen.

Genauer gesagt eigentlich mehrere. Und zwar die Qualität des Spiels, der Spielregeln, der Mechanismen, das mittels dieses Slogans verkauft werden soll. Dann die Qualität der „Regel-Denkweise“, mit der man an Regeländerungen, Hausregeln, Setting-Adaptionen herangehe soll. Und nicht zuletzt die Qualität des Spielerlebnisses der  Spielenden – Spielleiter wie Spieler – in einer Spielsitzung mit dem Savage-Worlds-Regelsystem.

Da hier viele unterschiedliche und vor allem von den Entwicklern des Produktes Savage Worlds auch nur begrenzt oder überhaupt nicht zu beeinflussende Qualitäten zusammen unter F!F!F! fallen, ist der Begriff – obschon ein griffiger Werbeslogan – natürlich nicht belastbar.

Es reicht aber aus, um eine generelle Denkweise, eine HALTUNG zum Spielen allgemein, bei den Savages zu motivieren. – Und das ist das Beeindruckende! – Die Savages nehmen F!F!F! als WERT, als WERT-Maßstab an, den sie bei der Beurteilung von Produkten, Fan-Entwicklungen, Conversions, usw. verwenden.

Solch ein Wert-Maßstab muß also nicht wirklich wissenschaftlich präsise und belastbar ausformuliert und dargelegt sein, um zu WIRKEN.

Gehen wir einen Buchstaben im Alphabet weiter.

GGG.

Das ist, was Dan Savage in seiner Savage-Love-Ratgeberkolumne geprägt hat.

Was steht hinter GGG?

„GGG stands for ‚good, giving, and game,‘ which is what we should all strive to be for our sex partners. Think ‚good in bed,‘ ‚giving equal time and equal pleasure,‘ and ‚game for anything—within reason.'“

Good = Gut im Bett (bzw. gut im Spiel) sein.

Giving = Sicherstellen, daß keiner zu kurz kommt, daß alle ihren Anteil am Vergnügen haben.

Game = Mitspielen, mitmachen, alles mal ausprobieren – innerhalb der persönlichen Wohlfühlzone.

Bezieht sich FFF als Slogan vornehmlich auf Produktqualitäten, Entwurfsvorgaben und realisierte Spielerlebnisse, ist GGG von Anfang an als eine „moralische Forderung“ an die SPIELENDEN gedacht.

Good = ein guter Mitspieler sein, sich ins Spiel reinhängen, daß alle etwas davon haben

Giving = ein guter Mitspieler sein, sich im Spiel zusammen mit allen anderen Spielende vergnügen und nicht nur egoistisch „auf seine Kosten kommen“ wollen

Game = ein guter Mitspieler sein, sich aufgeschlossen auf Neues, neue Spiele, neue Ideen der anderen Spielenden, neue Entwicklungen im Spiel einlassen – solange sie nicht die eigenen Wohlfühlgrenzen überschreiten

Bezeichnet FFF ein gutes Spiel, eine gute Entwurfsrichtung, ein gutes Spielerlebnis, so bezeichnet GGG einen GUTEN MITSPIELER.

Und das gilt für das Mitspielen als Spieler wie als Spielleiter.

Gut ist schwammig. – Klar. – Als IT-Anforderungsmanager würde ich solche Formulierungen wie „ich hätte gerne eine gute Benutzeroberfläche“ als KEINE Anforderung, weil „gut“ nicht eindeutig, nicht verifizierbar, nicht erfüllbar ist, zurückweisen. Aber als Anforderungsmanager habe ich andere Ziele und andere Verantwortlichkeiten – mir selbst, meinem Arbeitgeber und dessen Kunden gegenüber.

Im Rollenspielhobby spiele ich mit Spielfreunden.

Ich stehe hier in einer ganz anderen Art der Beziehung zu den Beteiligten als in einer beruflichen, professionellen Situation wie z.B. im IT-Projektgeschäft.

Und im Privaten, im Hobby, da habe ich eine GUTE Vorstellung davon, was „gut“ FÜR MICH bedeutet.

Und auch meine Mitspieler haben für sich IHRE Vorstellungen, was „gut“ FÜR SIE bedeutet.

Gehen diese halbwegs in die gleiche Richtung, dann harmoniert die Spielgruppe und dadurch wird das Spielen, das Spielerleben, das Spielgestalten, das Mitspielen für alle BESSER, BEFRIEDIGENDER.

Doch wäre es schlimm, wenn jeder eine eigene, harte „Schablone“ seiner Interessen und Bedürfnisse zur rollenspielerischen Befriedigung hätte und diese einfach nur starr zum „Abgleich“ mit andern „kompatiblen“ Spielern hervorziehen und einen Übereinstimmunsgrad schön rational berechnen würde.

Eigene Vorlieben – ich rede hier von MEINEN eigenen Vorlieben – sind aber NICHT STARR!

Es sind viel mehr „diffuse Wölkchen“ an „Wohlfühlraum“, der keine scharfen Grenzen hat, sondern eher weiche Übergänge bietet. – Dieser Wohlfühlraum kann den anderer Spieler durchdringen. Das muß nicht (chemische Bindungs-Idee) eine so starke Überlappung sein, daß man fest mit einem anderen Spieler zusammen bleiben möchte, sondern es reicht, wenn es unter den AKTUELLEN Umständen (z.B. jetzt auf dem Con, hier in dieser Spielrunde, mit diesem Regelsystem) nur GENUG, nur ausreichend überlappt, daß alle Beteiligten miteinander befriedigende Spielerlebnisse haben.

Und da kommt GGG ins Spiel.

Good, Giving, Game! – Das übertrage ich aus der sexuellen Ursprungsbezugsumgebung auf diese besondere Form von „vorstellungsteilendem Gruppensex“, den das Rollenspiel in der Gruppe darstellt. Und im Rollenspiel sorgt GGG dafür, daß JEDER EINZELNE in der Gruppe sich nach den GGG-Werte-Vorgaben als GUTER MITSPIELER zu engagieren versucht.

Versuchen das alle miteinander, dann stellt dies nicht einfach eine passive, nur zur Kenntnis genommene Übereinstimmung einer harten Bedürfnis-Schablone dar, sondern alle bewegen ihre aktuellen Bedürfnisse, Spielgelüste, Interessen AKTIV aufeinander zu.

Natürlich wird man nicht in jeder Gruppe wirklich JEDE Facette der eigenen Spiellust befriedigt bekommen. – Aber das ist ohnehin unmöglich, weil sich manche Facetten zur selben Zeit ausschließen oder zumindest nur in Ausnahmefällen gleichzeitig erfüllbar sind.

Zudem wäre es EGOISTISCH mit solch einem ANSPRUCH in eine Runde von Menschen mit Lust zum GEMEINSAMEN Spiel zu gehen. – So etwas machen nur LUSCHEN-Spieler, BESCHISS-Spielleiter und andere den Spielfrieden störenden, egoistisch ihre Interessen über den Rest der Gruppe stellenden Leute! – Das ist MISSBRAUCH der Mitspieler! Die Mitspieler werden zur Befriedigung der eigenen Lustinteressen wie Objekte behandelt – ohne Interesse, ohne Gefühl, ohne Rücksicht auf deren Befindlichkeiten.

In diesem Punkt ist die Position von Dan Savage in puncto Sex und meine Position in puncto Rollenspielen identisch.

Die Werte-Vorgaben von GGG sind einfach praktische, aktive Rücksichtnahme, Achtsamkeit und Mitgefühl, Mitsorge für die anderen, mit denen man ES gerade tut.

Und das gilt für Sex und für Rollenspiel gleichermaßen, finde ich.

Als letzten Teil werde ich demnächst auf die „Rückeroberung von Begriffen“ als heilsame Vorgehensweise zum Zuschütten von Gräben und zum Entladen von verbalen Geschützen auf Savage Love Bezug nehmen.

Savage Love (2) – Campsite Rule

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Der Begriff „Campsite rule“ gehört in den Natur- und Umweltschutz und meint eigentlich, daß man beim Campen in der freien Natur den Lagerplatz nicht aufgewühlt, zerstört, verschmutzt zurücklassen soll, sondern – wenn möglich – in besserem Zustand als zuvor.

Dan Savage wendet diesen Begriff als „moralische Einstellung“ beim Umgang von altersmäßig stark unterschiedlichen Sexualpartnern an. Auf eine Frage eines Ratsuchenden, der sich mit einer 15 Jahre jüngeren Frau eingelassen hat, antwortet er:

„Honoring my campsite rule doesn’t merely require that you be honest, caring, open, and GGG, OLD. It also means that you do all you can to make sure this young woman emerges from this relationship with no STIs, no fertilized eggs, no restraining orders, no emotional trauma, and with improved sexual skills.“

Auch Rollenspieler haben es mit bisweile sehr unterschiedlich alten, unterschiedlich erfahrenen Mitspielern zu tun. Und da Rollenspiel meist nicht nur eine Sache von zwei Personen ist, sondern von einer ganzen Gruppe, kann es sogar sehr krasse Alters- und Erfahrungsunterschiede am Spieltisch geben.

Natürlich dürfte jedem bewußt sein, daß man gerade bei unerfahrenen Mitspielern RÜCKSICHT nimmt, egal ob es sehr junge Mitspieler sind, oder ob es Leute sind, die in höherem Alter erstmals das Rollenspielhobby ausprobieren wollen.

Niemand findet es akzeptabel, wenn ein Spieler mit souveräner Regelbeherrschung und gnadenloser taktischer Zermürbung den Charakter eines Newbies, eines Jugendlichen, eines neugierigen Anfängers in Grund und Boden stampft. – Es gilt ein gewisser „Welpenschutz“ als die normale, die sozial verträgliche Art neue bzw. unerfahrene Leute ins Spiel zu bringen.

Man bedenke: EGAL wie viele Rollenspiele man bis zur Kommasetzung in und auswendig kennen und wieviele Regelsysteme man bis zur Leistungsgrenze ausnutzend anwenden können mag, man ist IMMER in weit MEHR Rollenspielen ein totaler ANFÄNGER.

Die „Campsite Rule“ geht aber über den einfachen „Welpenschutz“ hinaus.

Der erfahrenere Mitspieler soll dafür Sorge tragen, daß die Unerfahrenen, die Jüngeren, die Neuen in der Spielgruppe eine Spielsitzung in möglichst „besserem Zustand“ verlassen, als sie die Spielsitzung begonnen haben.

Das schließt neben dem SCHUTZ vor schlechten, frustrierenden, sozial gestörten, den Spieler traumatisierenden Spielerlebnissen auch eine PFLICHT ZUR LEHRE mit ein.

Ich habe zu oft erlebt, wie neue Mitspieler von den „Alterfahrenen“ nicht für voll genommen wurden.  Da wird ihnen in ihren Charakter reingeredet, daß von der versprochenden Spielfreiheit („Im Rollenspiel kann man ALLES tun.“) nur noch übrig bleibt, was einen die dominanten Platzhirsche tun lassen („Mach das so, wie ich es Dir sage!“).

Das ist SCHEISSE!

Und – offengestanden – auch ICH habe mich schon mal so beschissen gegenüber Neuen verhalten.

Wenn ich spielen will, wenn ICH nur MEINEN Spaß, MEINE Befriedigung im Sinn habe und nicht mit ACHTSAMKEIT auf andere Mitspieler eingehe, dann kann es sein, daß ich diesen genau das nehme, was ich gerade am Pen&Paper-Hobby für DAS Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen „rollenspielartigen“ Spielformen halte: die SPIELFREIHEIT.

Ein Anfänger kann einen ineffektiven, einen hinderlichen, einen eine „high-powered“-Gruppe durchaus ausbremsenden Charakter spielen. Aber ein Anfänger spielt NICHT an sich eine LUSCHE! – Luschen-Charaktere werden NICHT aus Unerfahenheit mit einem Regelsystem zu einer Lusche, sondern aufgrund der sozialen Rücksichtslosigkeit der Luschen-SPIELER. – Unerfahrenheit mit einem Regelsystem kann man nämlich durch FREUNDLICHES und MOTIVIERENDES Informieren beseitigen.

Hier LERNT der Neue, wie man mit diesem Regelsystem umgeht.
Hier LERNT der Erst-Rollenspielen, daß in einer Spielgruppe jeder für den Spaß aller anderen und nicht nur für seinen eigenen Spaß verantwortlich ist.

Und das ist MEINE Interpretation der „Campsite Rule“ für das Pen&Paper-Rollenspiel.

Ob beim Sex oder beim Rollenspiel, wenn nur EIN Beteiligter seine Befriedigung auf Kosten aller anderen erreichen möchte, dann ist das nicht in Ordnung. Und GERADE die Erfahreneren haben die moralische Verantwortung das gemeinsame Erlebnis für die weniger Erfahrenen zu einem GUTEN Erlebnis werden zu lassen. Und gut war es, wenn man danach LUST hat es in gleicher Besetzung gleich nochmal zu tun.

Im nächsten Savage-Love-Beitrag: GGG, weit über FFF hinaus.

Savage Love (1) – Was zur HÖLLE ist Savage Love?

Vorbemerkung: Nein, ich schreibe hier NICHT (nur) über Savage Worlds, auch wenn es bei dem Titel vielleicht so aussieht. Ich schreibe hier für ROLLENSPIELER, darunter auch solche, die Savage Worlds spielen.

Was ist Savage Love?

Man könnte bei dem Begriff darauf kommen, daß hier etwas Wildes, Ungezügeltes, Rollenspielerisches gemeint ist. So etwas wie das hier:

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Ja, genau! Fantasy. Flügel. Fummelei. – Das ist doch FFF und damit Savage.

Schon, aber das meinte ich nicht.

Wer meine Einstellung zu „Realismus“ im Rollenspiel nicht kennt, der käme eventuell darauf, daß das hier gemeint sein könnte:

Nun, so „realistisch“ ist der Begriff nicht gemeint. Eher phantasievoll-romantisch (unter anderem).

Also sowas hier?

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Uärks! – NEIN! – Oje, meine Augen! Meine armen Augen!

Also das auch nicht.

Jetzt reicht’s langsam! Los, pack aus, was mit Savage Love gemeint ist, oder ich wende diesen Ratgeber für die praktische Hausfrau von 1951 an:

Da kommt zwar der Pulp-Fan in mir hoch – doch duckt der sich gleich wieder, vor so viel ungezügelter Brutalität wilder Frauen, denen ihre Weicheier-Kerle ein anständiges Paar Schuhe verwehrt haben.

Savage Love – This time for real!

Das ist es, was ich meinte. Eine Sex-Ratgeber-Kolumne von Dan Savage (TOLLER Name!).

In seiner Kolumne Savage Love bietet Mr. Savage Ratsuchenden in Sachen Sex auf seine höchstpersönliche Weise seinen Rat an. Und dabei bietet er DEUTLICH Profil! Er steht zu seinen eigenen Werten und läßt dies in seinen Ratschlägen auch stets spüren.

Wer mehr im Überblick über Savage Love erfahren möchte, den möchte ich auf die Wikipedia zu Savage Love verweisen.

OK.

Savage Love ist also ein Sex-Ratgeber eines unbequemen, homosexuellen, politisch aktiven Endvierzigers.

Da darf der Rollenspieler fragen: „UWHIDZT?“

Einiges.

Vor allem, wenn man Rollenspiel so spielt, wie ICH es spiele.

Rollenspielgruppensex

Ich bin GENUSS-Rollenspieler. Ich brauche keinen Wettbewerb, kein Leistungsdenken, kein Fast-Food-Spielerlebnis voller Oberflächlichkeit, das einen hungriger als vorher zurück läßt.

Ich mag es das Hobby in all seinen Facetten kennenzulernen, es in den Facetten, die MICH heiß machen, auszuüben und so meine SPIELLUST zu befriedigen.

Für mich hat GUTES Rollenspiel eine ähnliche Lusterfüllung (aber auf anderer Ebene) wie GUTER Sex.

Und daher liegt es zumindest für mich nahe, daß ich hier den Transfer von manchen Tipps dieser Kolumne zur Rollenspielpraxis tätige.

Dies umso mehr, als Dan Savage als Persönlichkeit einige Ideen hat und einiges unternimmt, das ich nicht nur respektiere, sondern daß ich direkt im Rollenspielhobby nicht nur für anwendbar, sondern sogar für sehr relevant halte.

Daher möchte ich in den folgenden Artikeln unter dem Savage-Love-Titel auf ein paar seiner markanten Aussagen und Ansichten eingehen, und darlegen, wo und wie ich diese im Rollenspielhobby für entsprechend angebracht halte.

Über Kommentare zur von mir gesehenen „Sex and the Roleplaying-Game“-Verwandtschaft würde ich mich freuen.